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[ Band 5 Brief 67: Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. Dezember 1815 ]
67. Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. Dezember 1815 Altenstein reist diese Nacht ab, und da, wenn man sich auch nichts bestimmt Geheimes zu sagen hat, es doch immer besser ist, durch einen sicheren Mann als durch die Post zu schreiben, so beantworte ich schon heute Deinen lieben, soeben empfangenen Brief vom 12., für den ich Dir herzlich danke, teure Li. Altenstein wird gewiß zu Dir kommen, er ist gerade nicht amüsant zu nennen, aber er ist ein sehr redlicher, gutmütiger Mann und hat mehr als ich es ehemals wußte, mannigfaltige und gründ- liche Kenntnisse. An mich hat er sich, obgleich wir ehemals in Dienst- verhältnissen sehr miteinander gespannt waren, jetzt sehr eng ange- schlossen und mir wirklich Vertrauen und Freundschaft bewiesen. Seine Hauptschwachheit, die Du ihm bald anmerken wirst, ist, daß er eigentlich sehr gern wieder eine feste Anstellung hätte und doch, bald weil er es wirklich sehr gut meint und wahrhaft nützlich sein will, bald aus persönlicher Suszeptibiliät zu keinem rechten Entschluß darüber kommen kann. Indes glaube ich doch, wird er nach einem Aufenthalt von einigen Wochen in Berlin, sich irgendwo aufs Land zurückziehen und abwarten, ob man ihm Vorschläge macht. In Paris ist er sehr nützlich gewesen und hat in das Zurückfordern der uns genommenen Gegenstände erst Ordnung und Regelmäßigkeit gebracht. Bernstorff *) hat sich hier nur zwei Tage aufgehalten. Den ersten war er bei mir, den zweiten aber mußte ich nach Darmstadt gehen, und so habe ich ihn nicht weiter gesehen. So wenig tauglich ich ihn zum Geschäftsleben halte, so gern habe ich ihn im bloß gesell- schaftlichen, doch war er früher interessanter und liebenswürdiger. Jetzt hat eine gewisse Apathie zu sehr überhand genommen. Der alte Blücher ist seit gestern mittag hier, und ich war heute ——— *) Christian Günther Graf Bernstorff, geb. 1769, † 1835. 1811—1816 däni- scher Gesandter in Wien. 1818—1832 preußischer Minister des Auswärtigen. 156