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[ Band 3 Brief 65: Humboldt an Caroline Königsberg, 18. April 1809 ]
Allein trotz unserer Armut laß ja nicht ab, ich bitte Dich herzlich, immer noch etwas zu tun. Der Kauf des Basreliefs zeigt, daß es immer noch möglich ist, für wahre Kleinigkeiten etwas zu tun. Es kommt nur darauf an, den Geschmack am wahren Großen zu haben, den Du hast und der den übrigen fehlt, um beim Schönsten selbst gar keine Konkurrenz zu haben. Daß ich Dir nicht gleich heute einen Vermögenzustand schicke, mußt Du mir ja verzeihen; es ist mir heute nicht möglich. Ich schreibe Dir gewiß immer alles, liebe Li. Ich kenne Deinen Mut, und man kann nicht menschlicher und schöner über Vermögen und Lebensgenuß schreiben, als Du tust. Überhaupt kann ich Dir nicht beschreiben, wie glücklich mich Dein letzter Brief gemacht hat. Er ist so ruhig, klug und liebend geschrieben, wie keine Frau der Welt mehr schreibt. Harre nur aus, teures, liebes Wesen. Denk nur nicht an Weggehn. Die Zeiten bleiben nicht so wie sie sind, glaube mir. Solange der König zwischen Berlin und Königsberg schwankt, gibt es für Dich keine bleibende Stätte hier. Im Herbst sehen wir klarer. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich so für unsere Tren- nung sprechen muß. Ich sehne mich so unglaublich nach Dir. Aber wie auch alle Dinge gekommen sind, kann ich nicht mißbilligen, weder daß ich von Rom wegging, noch daß ich hier blieb. Die drei Mädchen sind jetzt meine liebsten und frohsten Gedanken. Sie wachsen schön auf unter Deiner Leitung und Pflege, und für sie, denke ich, bereitet sich auch jetzt eine bessere Zukunft. Die Stürme können nicht ewig dauern. Wieviel Vermögen wir ihnen retten ist allerdings ungewiß. Allein die Menschenkraft und der Menschen- sinn schaffen sich immer, vorzüglich in Frauen, ein eigenes und oft viel reicheres Leben, als man sonst mit wer weiß welchen Mitteln erlangt. Ewig Dein H. 139