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[   Band 2 Brief 107:    Humboldt an Caroline    Marino, 2. Oktober 1804.   ]


glück anscheinende Stärke und innere Schwäche. An diesem Miß-
verhältnis erlag er. Ganz stark wie Li, oder schwächlich wie Theodor
überstand auch er vermutlich die fürchterliche Krankheit.
Ich war Sonntag abend bei seinem Grabe. Das Laub fällt
nun schon herbstlich darauf. Alle Jahreszeiten sind darüber hin-
gegangen und fangen von neuem an. Nur er ist in diesem ewigen
Kreise still und unbeweglich. Den Faun *) habe ich gleich ausgesucht,
ich weiß aber nicht, ob es der Fehler der Art ist, wie er im Museum
steht, ich finde ihn nicht so ähnlich. Ein Abguß ist hier leider nicht
von ihm zu haben, sonst hättest Du ihn in der roten Stube auf-
gestellt gefunden. Es hat mir sehr leid getan.
Ich habe in meiner gewöhnlichen Art gelebt, nur mit mehr
Geschäften. Hardenberg hat mir einen eigenhändigen, zwei Seiten
langen Brief geschrieben, eine Antwort aus zwei Briefe, die über
ein Jahr alt sind, also eine große Aufmerksamkeit. Er bittet mich
sogar um die Fortdauer meines Vertrauens in seinen neuen Ver-
hältnissen. Der Kurfürst-Erzkanzler **) hat mir auch geantwortet,
sehr freundschastlich.
Jetzt lebe herzlich wohl, innig liebes Wesen. Grüße Alexander
und Kohlrausch und die Kinder.
Ewig Dein H.
Frage Alexander, ob er am 22. September an des seligen
Papas Geburtstag gedacht hat.

———
*) Vgl. S. 217. — **) Dalberg.

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