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[ Band 2 Brief 19: Humboldt an Caroline Weimar, 6. April 1797 ]
Wunsch in mir leicht auf — wenn Du den Wunsch abrechnest, für mich und Dich, jetzt bald in Jena zu sein. Desto besser ergreife ich jede einmal gewählte Lage; ich finde mich leicht in jede und fühle bei jeder viel mehr die Annehmlichkeiten als das Unangenehme. Es ist mir ein so süßer Gedanke, Deiner Neigung folgen zu können, daß ich ihn mir in keiner Absicht entziehen möchte. Ich freue mich unendlich, daß ich jetzt von Sonnabend an noch volle acht Tage mit Dir sein werde. Ich kann Dich unmöglich verlassen, ehe ich nicht weiß, daß nichts zu besorgen ist, und selbst für den armen Theodor könnte ich’s nicht. Bei der Li und dem Bruder habe ich so alles mit ansehen können; es würde mich un- endlich schmerzen, wenn ich ihn so aufs Ungewisse hin verlassen sollte. Ich werde aber nun nicht nach Halle gehn. Es tut mir zwar für Wolf leid, aber was ist zu machen. Ich käme dann vier bis fünf Tage später nach Berlin, und es ist schon die höchste Zeit. Dies sehe ich wieder aus Kunths Brief, der zwar nichts Neues, aber doch soviel enthält, daß jetzt mit dem Hause, mit Tegel, mit allem gar nichts geschieht, daß alles schlechterdings liegt, bis ich komme. Aber es ist spät geworden. Schlaf wohl, teures, liebes Herz, ich will sehen, ob ich Dich oder die lieben Kleinen im Traum sehen kann. — Mit den Kindern ist mir’s recht närrisch gegangen. In Erfurt konnte ich mir sie gar nicht recht lebhaft und anschaulich vor die Phantasie stellen; heute, als ich zu Wolzogens kam und den Adolph sah, stand auf einmal der Bruder ganz vor mir da, und mit ihm kehrte mir auch die Li zurück. Nun freue ich mich wieder so lebendig an den lieben Gestalten. Gute Nacht! 7. April, morgens Goethe ist unendlich gut und freundschaftlich, und es lebt sich sehr schön so nah und allein mit ihm. Zwar allein seh ich ihn ge- 36