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[ Band 1 Brief 130: Humboldt an Caroline [Berlin], Mittwoch abend, 16. Februar 1791 ]
130. Humboldt an Caroline [Berlin], Mittwoch abend, 16. Februar 1791 Li ist die Glücklichste ihres Geschlechts, schreibst Du mir, holdes süßes Mädchen! Nur Du vermagst es, die Emp- findung zu teilen, die diese Versicherung mir gab. Wie glücklich, wenn ich nur Zeuge gewesen wäre Deiner stillen Größe, des Segens, den Deine Liebe verbreitet hätte. Nun empfang ich ihn selbst, diesen Segen, nun ist es mir gegönnt, ohne Störung Dein heiliges, schönes, engelreines Wesen anzuschauen. Nein, Li, Du hättest nie einem andern das Glück geben können, was Du mir gabst, was ich in jedem Augenblicke meines Lebens von jetzt an von Dir empfange. Vergangenheit, Ahndung der Zukunft, und selbst diese wehe, trübe Gegenwart, alles hebt mich zu einer Seligkeit empor, die selbst meine Seele nur in ihren schönsten und lichtesten Momenten zu fassen vermag. Du wirst Deinen Bill ewig glücklich sehn, Li, und wenn einmal die Stunde erscheint, in der das Schicksal uns zu trennen versucht, dann wirst Du noch sehen, wie ihn die Gewißheit beseligt, daß es kein Dasein ohne die Gegenwart der Liebe für ihn gibt! Donnerstag abend Mir ist so unendlich weh, meine Li, mein Wesen verzehrt sich in Sehnsucht, und mein Geist findet die Ruhe nicht, die er so ängstlich sucht. Ach! was ist’s, das mich so umtreibt, mich, den Glücklichen, den Nahen an der schönsten Hoffnungen süßer Er- füllung? Das Gefühl der Gegenwart übertäubt die leise Stimme der Hoffnung, ich habe ja sie nicht, seufzt das arme Herz, und kein Blick, ach! auch in die naheste Zukunft vermag seine Trauer zu mindern. Manchmal denk ich auch, es ist eine Stimme, die mir von Dir kommt, und dann weine ich, daß Li trauert. Denn gewiß gibt es doch so ein Ahnden des einen im andern auch in der 405