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[   Band 1 Brief 125:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Sonntag abend, 6. Februar 1791   ]


Unruhe treibt mich um, weiß nicht wohin, aber kann nicht ruhen.
Wenn das dann recht stark wird, dann kann ich nicht zu Bett
gehn, oder doch nicht gleich. Hülfe mir doch nicht. Doch ängstige
Dich nicht, meine gute Li. Bill schont sich und zwingt sich und
schläft die meisten Nächte genug. Aber das muß jedem auffallend
sein und ist es jedem, dies unstäte Wesen. Man sieht mir an,
daß in mir kein Frieden ist. Ist’s nicht auch Dir so, arme, liebe
Li. Ach, liebst mich ja, wie ich Dich liebe, und hast auch keine
Ruh, als an dem Herzen, das Dich liebt. Wär ich nur erst bei
Dir. Oft streb ich vergebens, dies sehnende Herz zu halten, tu’s
auch jetzt kaum noch, will es auch verziehen. Ist ja doch ein gutes
Herz, denn Du liebst es. —
Was mag Papa zu meinem Briefe gesagt haben? Meine
ganze Seele hängt an dem Plan und seiner baldigen Erfüllung.
Dir ganz gegeben zu sein, sehnt sich jede meiner heiligsten, innersten
Kräfte. Wenn Du Papa lenken könntest, wenn ich schon zu Dir
kommen könnte, ohne wieder zu gehen, ach! gute, teure Li, wie
würde mein Herz entzückende Freude schwellen.


126. Humboldt an Caroline               [Berlin], Freitag morgen,
                                                 11. Februar 1791

Ich danke Dir für Dominikus’ kleine Schrift. Ich behalte
sie hier, wegen des weitläufigen Hin- und Herschickens.
Es sind schöne Gedanken darin, und die Hauptidee, durch
die Geschichte das ewige Kämpfen der physischen und moralischen
Natur und das daraus hervorgehende Selbstverdienst des Menschen
zu zeigen, hat mir sehr gut geschienen. Auch ist sie neu und konnte
gewiß nur in einem genievollen Kopfe entstehen. Überhaupt zeigt
man in der Geschichte zu wenig den Menschen. Das, was eigent-

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