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[ Band 1 Brief 63: Humboldt an Caroline [Berlin,] den 29. Junius 1790 ]
Dich nicht glücklich sehen, und doch kannt ich den Mann nicht, mit dem Du es sein könntest, und mit einem andern, ach! selbst an Carls Hand hätt ich für Dich gezittert. Nun kam ich zurück zu Dir, und nun sollt ich meine Hand Dir anbieten und sollte der Mann sein, der Dich — o! laß mich den Gedanken nicht aus- denken — vielleicht hinderte, ganz glücklich zu werden. Ich bot Dir meine Hand an! Denke Dir, wenn Du kannst, den Augenblick. Es war der Wunsch, der einzige Wunsch meines Herzens, aber wenn Du nicht gleich glücklich dadurch warst, so war auf einmal auch das Paradies zerstört, das nach meiner Liebe sich in mir schuf und in mir verschloß, meine heiligsten, innersten Gefühle waren verletzt, wenn Du sie nicht so erwidern konntest und doch mein wurdest. O! Lina, ewig werd ich Dir für den Ton danken, mit dem Du mir antwortetest. Ich höre sie noch, die Worte. »Könntest Du glücklich mit mir sein, Lina?« fragte ich Dich, und Du ant- wortetest mir so aus dem innersten Herzen heraus: »Sehr glücklich.« — Ich fühlte mich selbst nicht in dem Moment, und nachher, wenn ich noch zweifelte, klangen mir diese Worte noch einmal, und ich fand Ruhe und Glück. Ich fühl es wohl, Lina, daß ich Deiner nicht wert bin, aber doch könnte niemand so treu, so einzig an Dir hängen; so außer Dir kein Glück kennen, so mit Dir jedes genießen, Dich in jedes verweben, kann niemand als ich. So oft Du das fühlst, werd ich Dir Glück geben, denn Du forderst ja nur Liebe, gutes Mädchen, und darum bitte ich Dich, beschwöre ich Dich, Liebste, wenn ein Moment kommt, wo Du mich wahrer erblickst, wo die schöne Farbe fehlt, die das höchste Gefühl Deiner Liebe meinem Wesen jetzt leiht, dann denke Dir jenes, empfinde meine Liebe und trage meine Schwäche. Und wenn ich ihn bemerke, den Augenblick, so werd ich an Deinen Busen fliegen, und mit beben- dem Kuß, mit tränennassem Blick werd ich Verzeihung bei Dir flehen. — 187