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[ Band 1 Brief 61: Humboldt an Caroline [Berlin], den 26. Juni 1790 ]
Sie war doch so lang bei Dir, und erinnerst Du Dich wohl auch noch, wie Du mir oben in der Stube bei ihr erzähltest, welche zwei schöne Eigenschaften Du ihr danktest? Doch habe ich ge- glaubt, würde Papa sie behalten. Er verträgt sich ja gut mit ihr. Indes mußt Du das besser wissen. Sehr neugierig bin ich, wie es mit dem Sternbild und seinem Stiftsrat wird. Ich glaube, es wäre nicht übel, wenn er die Stelle annähme. Für Papa wollten wir schon sorgen, und für das Sternbild wäre die Stelle gerade gemacht. Geschäfte, wie er sie liebt, gute Besoldung, Ansehen und par dessus tout niemand, der ihn am Sprechen hindert. Sag mir doch Deine Meinung darüber. Alexander ist wohl und vergnügt. Ach, es ist ein herrlicher Junge. Du wünschtest einen Brief von ihm, und ich schicke Dir den interessantesten, den ich habe. Verzeih die ausgestrichene Stelle. Aber Du weißt, daß der Maßstab des Delikaten und Undelikaten zwischen unserm und Eurem Geschlecht so verschieden ist. Ich hätte Dir sonst den ganzen Brief nicht zeigen können. Hinten die Anekdote: »Wasser von Ihnen« ist eine Familienanekdote, freilich nicht sehr reinlich, aber doch viel dezenter als die Geschichte aus dem Weimarschen Neste, wenn Du Dich erinnerst. Mama, Kunth, mein Onkel und ich spielten Whist. Kunth, der viel Tabak nimmt, ließ eine schwarze Träne fallen, und Mama, die ihre Karten doch vor der schwarzen Flut retten wollte, sagte sehr bescheiden, indem sie auf das Unglück hinzeigte: »Ach, Herr Kunth, Wasser von Ihnen!« Verzeih, aber ich wollte nicht wieder ausstreichen. Der Leutnant ist unser ältester Stiefbruder. *) Der Wunsch, ihn in der Kassiopeia wiederzusehen, ist bloß ein anderer Ausdruck für das, was wir durch den Würgengel bezeichnen. Ob ich einen Schlafrock trage? Ja das führt zu einer weit- läufigen Erzählung. Sonst tat ich’s. Aber als ich zum erstenmal ——— *) v. Holwede, aus der ersten Ehe der Frau v. Humboldt. 182