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[   Band 1 Brief 35:    Humboldt an Caroline    [Berlin], März 1790   ]


Großes, aber hättest Du einmal die Seligkeit gefühlt, die Deine
Innigkeit, das Bleiben Deiner Gefühle gibt, o! Du gäbest mir
recht. Und mehr Größe, mehr Stärke liegt doch auch darin, einen
Gegenstand ganz zu umfassen, ganz in sich überzutragen, ganz in
sich zu verweben.
Man eignet ihn sich so, da bei jenen Charakteren doch alles
auf gewisse Weise fremd bleibt. Und nun der, der geliebt wurde,
und nun noch ebenso liebt, mit eben der Glut, gleich ausschließend,
und nun kälter werden sieht —— Gott! Lina, die Menschen können
einander doch sehr unglücklich machen!
Ich fühle es nun wohl, daß Schillers Ruhe Carolinens
Entfernung von Erfurt notwendig macht, und auch Deinetwegen
bin ich darüber beruhigter; denn in einer so edlen Aufopferung,
wie Du sie auch da tatest, liegt doch so viel Ersatz für jeden Verlust.
Verzeih, wenn ich der guten Caroline unrecht tat, Du weißt,
wie ich sie liebe. Verzeih auch, wenn ich sie nicht richtig beurteilte.
Aber ich kann gegen Dich nicht anders als wahr sein, und doch
fühlte ich es einmal so. Lebe wohl!


36. Caroline an Humboldt                            [Erfurt], 29. März 1790

Hier Mamas Brief. Du kannst mir sagen, wenn es schick-
lich ist, wieder zu schreiben, und gleich ein Konzept bei-
legen. Warum hast Du ihn nicht gleich aufgemacht?
Wer wird so zeremoniös sein? Und mit wem? N’es-tu pas mon
futur seigneur et maitre? Nun, wenn Mama zufrieden ist mit
meinem Brief, will ich’s gern sein. Mir war ordentlich bang, er
sei ihr zu platt. Der Mama ihr Brief ist gewiß von Kunth. Die
Korrespondenz ist zum Kranklachen . . . . Lotte hat ein Bonmot

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