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[ Band 1 Brief 9: Caroline an Humboldt [Erfurt], Mittwoch abends, den 21. Januar 1789 ]
Liebe, das mich mit unendlicher Wonne überströmte. Wenn unsere Empfindungen so oft zusammenflossen, wie freut ich mich des Ein- klangs unserer Wesen und schöpfte die Hoffnung, noch einst recht zu gut werden, gewisser aus Deiner Liebe, als aus dem Maß meiner eigenen Kräfte und der Reinheit meines Willens. Ein paar Tage nach Deiner Abreise habe ich Carln an seinem Geburtstage geschrieben und in einer halben Stunde, wo ich mich wegstahl, auch einige Zeilen für die Frauen beigelegt. Ich habe sie auch gebeten, uns ihre Meinungen über den bewußten Gegen- stand ihres Mißvergnügens zu sagen, es ist nicht recht, daß ein so fühlbarer Unterschied unserer Denkungsart in einer Verbindung wie die unsere unerläutert bleibe. Dabei fällt mir die Forstern ein. Schreibt sie Dir oft? Der Ton ihrer Briefe war mir merk- würdig, mehr merkwürdig noch wie anziehend. Ihr ganzes Wesen muß sehr originell sein. Schick mir noch Briefe von ihr, das heißt, wenn Du kannst. Du weißt, was das bedeutet. Ich bin jetzt voller Erwartung, Briefe von unsern Lieben aus Berlin zu empfangen. C[aroline], die ihre Gedanken über die Vorschriften hingeschrieben hat, wird eine große Revolution in das bekannte System bringen, von der ich mir viel verspreche. Ich habe Carls Papier nicht gelesen, aber ich kann mir denken, daß unsre Vorstellungsarten und die Deinige sich hierüber sehr begegnen werden, und unter anderen die festgesetzten Regeln oder, wie Jette immer schreibt, die »Statuta« sich ein für allemal empfehlen werden. Ich denke doch, sie werden uns eine Abschrift zukommen lassen. Indem ich schreibe, fällt mir ein, wie verschieden in kurzer Zeit alles —— heut vor 14 Tagen war ich mit Dir auf dem Ball — ich werde die Nacht nicht vergessen, wir haben sie doch nicht übel angewendet und recht viel geplaudert. Ich bin seitdem nicht wieder 24