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[ Band 1 Brief 8: Caroline an Humboldt Erfurt, Sonntag abend, den 4. Januar 1789 ]
unendlicher Liebe im Herzen. — Aber wozu denn auch das, ich werde Dir’s wohl nicht zu sagen brauchen, selbst ihre Briefe, so schmerzhaft sie Dir sein müssen, müssen Dir auch wieder Beweis ihrer Liebe sein. Wilhelm, Wilhelm! ich sage Dir, Du bist mir mit Deinem reinen, einfachen Herzen unaussprechlich teuer, ach! in jedem Augenblick möchte ich Dir das sagen, möchte es Jette, Brendel und Caroline sagen, wie ich Dich, wie ich sie liebe, wie diese Liebe mein Leben trägt und welchen wohltätigen Einfluß sie auf mein Wesen hat. Ewiger Gott! welches Meer von Liebe quillt in meinem Herzen, o Du, der Du diese Empfindung mir gabst, laß sie ein Quell des Segens werden für meine teuren Geliebten. Um 10 Uhr abends Mein Vater erwartete Dich den ganzen Abend, aber Du bist bei meiner Lina. Wieviel wirst Du mir morgen zu sagen haben. Wenn sich nur die Gelegenheit schickt, daß Du mit mir sprechen kannst. Hier ist auch der Forster ihr Brief. Er ist schön geschrieben und trägt das Gepräge eines hellen Verstandes, in dem viele Ideen sind, und eines warmen Herzens. Das ist ein närrischer Ge- danke, daß Du zu klug seiest, um ehrlich zu bleiben, ich kann nicht leiden, daß jemand von Dir das Gegenteil ahndet. Du mußt ihr begreiflich machen, wie kompatibel das ist. In 10—12 Jahren da wird noch dieselbe schöne Seele aus Deinem Blick sprechen, und wieviel süße Erinnerungen mehr nicht in Deinem Herzen wohnen. In 10—12 Jahren, wie wird’s da mit mir sein? — sonderbare Frage, besser muß es sein, ich mag nun hier noch leben oder nicht. Besser wird’s ja mit jedem Tage. Gewiß, wenn keiner verloren geht, ist’s so. Leb wohl, Lieber! In der Nähe unsrer Caroline umschwebt gewiß Friede Dein Herz. Hierauf folgt ein kurzes Zusammentreffen in Erfurt, nach Humboldts Rückkehr aus Rudolstadt. 22