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Humboldt an Adelheid                           Linz, 29. Junius 1830

Ich bin gestern abend spät angekommen, beste Adelheid,
und da ich von Prag bis hier in zwei Tagen 36 Meilen
gemacht habe, so ruhe ich mich bis heute nachmittag hier
aus. Es ist, wie Ihr wißt, heute mein Hochzeitstag, wo ich gern
still und allein bleibe, wenn ich nicht mit Euch sein kann. Vor
33 Jahren reiste ich hier mit der lieben Mutter im Herbst durch
nach Paris, seitdem ich einmal mit Flemming, und sie, denke ich,
mit Euch.
Das Land wird anmutiger und schöner, wie man Böhmen
verläßt. Nach ein paar Gewitterregen hatte sich gestern abend der
Himmel ganz gereinigt. Er war unglaublich hell und schön, und
der Mond stand in aller Pracht da. Man fährt von ziemlich
hohen, waldigen Bergen zur Donau herunter. Wie hätte ich die
liebe Mutter hergewünscht! Es war so ein Abend, wo sich der
Himmel der Erde zu öffnen scheint.
Bei Magnis war ich anderthalb Tage, recht angenehm. Die
verwitwete Gräfin war sehr freundlich und liebevoll.
Ich werde, da ich einen Tag zugegeben, nun erst am 2. Julius
in Gastein ankommen.


Humboldt an Caroline                    Gastein, 10. Julius 1830

Alexanders Brief, den ich heute bekommen, hat mir zwei
recht betrübende Nachrichten gebracht. Motz und der
armen Bertha *) Tod. Der letztere war freilich zu er-
warten. Aber wenn die Gewißheit eintritt, ist der Eindruck immer

———
*) Bertha v. Lützow, geborene v. Laroche.

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