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wie eine Gouvernante, und Linchen scheint ihr mit ihrer Unbehilf-
lichkeit im Gehen und ihrer Schwere viel zu schaffen zu machen.
Bülow ist, wie auch wohl natürlich, in einer inneren, nach außen
nicht ganz eingestandenen Angst, daß ein so saurer Anfang
Gabriellen sehr degoutiere, Gabrielle ist ergeben, der Ausdruck ihres
süßen Gesichtchens ist aber leidend und sorgenvoll. Sie hat auf
der Reise das Unmögliche physisch geleistet, der Aufenthalt in Paris
war für sie fatiguant durch die unendlichen Besorgungen, die einem
den Kopf wüst und dumm machen. Bisher hatte ich Dir nichts
von mir gesagt. Ach, meine Adelheid, mir steht das Schwerste
bevor. Denn die Hoffnung ist die Leuchte des irdischen Lebens.
Und kann ich mit einiger Wahrscheinlichkeit hoffen, in 3, 4, 5 Jahren
noch da zu sein, mein liebes Kind wiederzusehen? Wir stehen alle
in Gottes Hand, und sein Wille geschehe. Aber wie ich die Stunde
des Abschieds überstehen werde, weiß ich nicht.
Wenn Gabrielle mehr Genuß an dieser Existenz hätte, so
glaube ich, würde ich mich in mir leichter fassen. Aber sie hat sie
nicht, sie bekommt sie nicht, sie ist in eine freudlose, fremde Welt
gestürzt, um ein Ziel zu erreichen — ich weiß nicht, welches —,
dem Bülows viel weltlicherer Sinn nachläuft. Wird sie es mit
ihm erreichen? Ihr Körper ist so zart, sie bleibt bei dieser Mager-
keit und erregt mir in diesem Klima auch dafür Besorgnisse.
Caroline ist die Liebe, Aufmerksamkeit und Aufopferung für andere
selbst auf dieser ganzen Reise gewesen, einmal mündlich erzähle ich
Dir mehr davon.
Das Haus hier ist recht hübsch, aber man lebt in vier Etagen,
um allein im Hause zu sein. So sind alle Einrichtungen hier . . .

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