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[   Band 7 Brief 89:    Humboldt an Caroline    Tegel, 30. August 1823   ]


neue Museum etwa 900 der italienischen Schule und 550 von
anderen Schulen. Es soll unglaublich sein, wie viel und der besten
Bilder Solly selbst unwiederbringlich verdorben hat. In dem
Wahn, einen Firnis abzuwaschen, hat er die Farben selbst ab-
gerieben. Überhaupt ist sein Kaufen doch eine wahre Verrücktheit
gewesen, da er gar nicht einmal großen Verstand zu den Sachen,
noch rechte Freude an Kunst gehabt hat.
Schinkel wünscht eine Reise nach Italien und denkt darauf,
aber allein. Es ist mir heute mehr als je aufgefallen, daß doch
Schinkel die Kunst in einem viel allgemeineren Sinn umfaßt als
alle anderen in Berlin, namentlich als Rauch, und auch als viel-
leicht die meisten derer, die einer einzelnen Kunst sich widmen.
Vielleicht ist das aber bei der Architektur mehr möglich und nötig.
Ich habe Theodorn seinen Wagen durch einen Schiffer geschickt.
Er sprach mir unaufhörlich davon in Breslau und hatte wer weiß
wie viele Projekte dazu. Ich habe also ein Ende gemacht und
ihm geschrieben, daß ich die 12 Taler, die die Fracht beträgt,
schenken will. Die Ankunft und Herstellung des Wagens wird
ihn nun wieder eine Weile beschäftigen. Aber das Unglückliche ist
nur, daß er gar keine andere Beschäftigung als so mit Sachen
hat, die noch dazu immer Geld kostet. Ich muß bisweilen bei mir
lachen, wie wenig Geld und Sachen ich zu meinem Amüsement
brauche. Es sind indes das Göttergaben, die man nicht an sich
rühmen muß. Ich meine hier nur die Genügsamkeit in äußeren
Dingen und das Talent, in sich und unabhängig von allen Sachen
glücklich, heiter und beschäftigt zu sein. Die beiden Dinge habe
ich sehr, und nehme ich nun das Äußere dazu, vor allem Dich,
liebes Herz, die Kinder und viele Erinnerungen (die Zukunft liegt
immer sehr wenig in meinen Rechnungen), so hat nicht leicht ein
Mensch ein größeres und ein mehr sicheres Glück, die Wechsel
ausgenommen, denen alles Menschliche unterliegt. Das bedenke

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