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[   Band 7 Brief 57:    Humboldt an Caroline    Burgörner, 3. April 1822   ]


sich leben will. Der Kronprinz ist immer sehr wohlwollend ge-
stimmt.
Du schläfst also in meinem Bett, bestes Herz, und findest es
besser? Es freut mich unendlich. Vor dem Bett bei Loëns nimm
Dich nur in acht. Ich werde freilich, das ist abzusehen, meist alle
Jahr darin schlafen, aber man muß auch vielleicht einige regelmäßig
wiederkehrende Kasteiungen haben.


58. Humboldt an Caroline                Burgörner, 6. April 1822

Es war heute noch bedeckt, doch milder und kein Regen
noch Sturm. Dies Wetter ist eigentlich für unser Pflan-
zen besser als heiße und scharfe Sonne. Um das Haus
herum ist nun schon alles fertig. Mit den Gänsen habe ich einen
großen Krieg gehabt. Sie taten am Rasen entsetzlichen Schaden.
Aber ich habe gesiegt. Sie sind alle nach Siersleben in die Ver-
bannung geschickt und kriegen nun nichts von den Pflanzungen zu
sehen. Ich habe aber bei der Gelegenheit eine Beobachtung über
den Verstand der Gänse im Vergleich mit den Puten gemacht.
Wenn die Puten kamen, so konnte man aus dem Fenster schreien,
klatschen, sie rührten sich nicht. Die Gänse watschelten ab, sowie
ich das Fenster öffnete, und sahen mit großem Gegackel sich nach
mir um. Vermutlich klagten sie über ihr Unrecht.
Ich lege Dir heute einen Brief an Olfers *) bei. Sei so gütig,
ihn zu ersuchen, ihn zu besorgen. Ich bitte den Mann, mir eine
Grammatik der Kiriris abschreiben zu lassen. Leute, die einen so
komischen Namen haben, müssen eine amüsante Sprache reden.

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*) Ignaz v. Olfers, geb. 1793, † 1872, Diplomat, zuletzt General-
direktor der Königl. Museen in Berlin.

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