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[   Band 6 Brief 228:    Humboldt an Caroline    Berlin, 1. August 1819   ]


und uns. Die Kinder könnten sehr anständig dann im Herbst 1820
oder Frühjahr 1821 heiraten und blieben uns nah.


229. Humboldt an Caroline                      Berlin, 4. August 1819

Ich habe Dir neulich gesagt, daß ich die Dinge hier noch so gut
vorbereitet gefunden hätte, als ich es irgend hätte [erwarten]
können. Das ist auch im Ganzen wahr, aber die Lage ist doch
immer sehr schlimm und schwierig, und ich werde unglaubliche Hinder-
nisse finden, durchzudringen. Der Staatskanzler hat dem König wirklich
den Entwurf zu einer Konstitution vorgelegt, der als unabänderliche
Base für jede fernere Beratung hat gleich unterzeichnet werden
sollen. Dies hat aber der König nicht getan, sondern will den
Entwurf einer Kommission übergeben, in der ich sein soll. Dies,
wenn es auch viele Leute wissen, muß doch ganz unter uns bleiben,
und es ist zugleich das, was mir am meisten Grund zur Zufrieden-
heit gibt. Denn es ist auf diese Weise nichts verdorben, und ge-
rade die Hauptsache kommt doch in Anregung.
Mir kommen die Leute mit sehr großem Vertrauen entgegen,
und ich kann bis jetzt eigentlich nur alle loben. Den *), der mir zu-
erst schrieb, habe ich gestern abend gesehen. Er ist und bleibt der
Kälteste und Gescheuteste und der die Sachen am richtigsten be-
urteilt. Darum sind aber die Gespräche mit ihm auch nicht gerade die,
die den meisten Mut einflößen.
In der Sache der Verhaftungen ist weiter nichts vorgefallen.
Bei Jahn **) soll sich nach genauerer Untersuchung gar nicht so viel

———
*) Witzleben.
**) Friedrich Ludwig Jahn, geb. 1778, † 1852, der sogenannte Turn-
vater, war im Juli 1819 als des Demagogentums verdächtig verhaftet worden.

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