< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 208:    Caroline an Humboldt     Florenz, 25. Mai 1819   ]


208. Caroline an Humboldt                     Florenz, 25. Mai 1819

Mit meiner Gesundheit geht es fortdauernd leidlich, und der
große Sturm in den ersten Tagen hier scheint doch ohne
Folgen gewesen zu sein. Ich bin in einer sonderbaren
Unruhe über Dein Finden oder Nichtfinden in Berlin. Dies
schneckenartige Vorwärsbewegen hat etwas sehr Peinliches. Doch
war ich hier so leidend, daß ich deutlich fühlte, ich dürfe nichts
übertreiben.
Es kommt eine sehr gewichtige Stelle in Deinem letzten lieben
Brief vor über Deine Stellung in Berlin. Glaube nur, geliebtes
teures Herz, daß, wenn ich auch nichts darüber sage, ich ewig
daran denke und in mir damit beschäftigt bin. Mein tiefer innerer
Trost ist, daß altes, was nichts Äußeres, bloß Scheinendes will,
sondern nur das Reelle und Gute, seinen Aplomb finden muß.
Aber schwer, schwer bleibt es immer. Wäre ich nur erst bei Dir,
nicht daß Du mich brauchtest, aber doch als ein sanftes Ausruhen,
und wäre ich nur etwas gesund, damit ich Dir nicht die Tage störe,
das ist mein größter Wunsch.
Aus Carolinens *) Reise nach Rom wird wohl nichts werden?
Sie reist zu lange schon bloß in Gedanken. Hübsch von Zügen
habe ich doch nie finden können, daß Caroline jemals war, der
Mund war ihre hübscheste Partie, die Augen waren es nur durch
Jugend und Frischheit, Arme und Hände, auch Füßchen waren
immer sehr schön bei ihr, aber ihre Toilette war immer äußerst
vernachlässigt und sogar ungeschmackvoll. Die Herz wirst Du auch
schrecklich verändert finden, selbst der Bau der Knochen scheint sich
im Kopf verändert zu haben, und leider trägt sie noch immer die
Netze und wunderbare Turbane statt einer simplen Haube, in der
sie am besten aussieht. Das eigentliche Verschwinden der Schönheit

———
*) v. Wolzogen.

                                                                       550