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[   Band 6 Brief 187:    Caroline an Humboldt     Rom, 17. März 1819   ]


Adelchen in all ihren Ansichten auch in einen engeren Kreis zieht,
denn es verarmt das Leben, das in glücklich organisierten und eigen-
tümlich frei sich entwickelnden Naturen immer reicher werden muß,
dem Strom vergleichbar, der an seinem Ausfluß in das Meer
höher schwellt, je näher er seinem Ende kommt. Und bei ihr ist
es noch Morgen.
Nun, meine geliebte Seele, wünsche ich nichts mehr, als daß
Du bald von Frankfurt abberufen werdest oder daß Dein Geschäft
sich dort auf eine natürliche Weise auflöse, wozu aber, wie ich hier
höre, gar keine Aussicht sein soll.
Ewig Dein. Grüße Stein tausendmal.


188. Humboldt an Caroline                        Frankfurt, 19. März 1819

Ich habe mit dem letzten Kurier nichts, aber auch durchaus
nichts als einen ganz leeren und ganz gehaltlosen Brief
des Neuen *) bekommen. Den Hiesigen müßtest Du über
diese Briefe sprechen hören. Sie sind aber auch merkwürdig, immer
die wärmste Freundschaft, die größte Teilnahme, aber nicht einmal
das Wort, Sie haben recht oder unrecht gehandelt. An eigenes
Handeln ist gar nicht zu denken. Ich hatte ihm geschrieben, daß,
wenn man es nicht bloß auf den Namen meiner Annahme, son-
dern wirklich auf meine Mitwirkung abgesehen hätte, man mich
nunmehr zurückberufen müsse. Er antwortet, er wünsche es sehr,
er würde ganz darin einstimmen, da er aber nicht gefragt worden
wäre, so könne er nichts tun. Als wenn einer in seiner Lage den
Mund nur zum Antworten auftun dürfe. Man wirft mir immer

———
*) Bernstorff.

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