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[   Band 6 Brief 179:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 15. Februar 1819   ]


        Mit Deutschheit sich zu zieren itzt,
        Hat jeder sein armes Wams zerschlitzt,
        Sie ziehen die Hemdchen durch die Spalten,
        Es gibt gar wunderreiche Falten,
        Die Puffen stehen gut zu Gesicht,
        Sie schonen sogar der Höschen nicht;
        Sie werden bald ihr Ziel erreichen
        Und deutschen Betteljungen gleichen. —


180. Caroline an Humboldt               Rom, 17. Februar 1819

Ich bin vorige Woche recht unwohl gewesen und habe Dir,
teuerstes Herz, am Sonnabend nur so wenige Zeilen
schreiben können. Jetzt geht es besser, nur die große
Mattigkeit ist noch nicht überwunden. Ich muß die Treppen
Stufe um Stufe wie ein Kind heruntergehen und fühle bei jedem
Tritt eine schmerzliche Erschütterung. . . .
Am Montag bin ich so glücklich gewesen, Deine beiden lieben
Briefe vom 25. und 28. Januar zusammen zu bekommen. Deine
Antworten finde ich über allen Ausdruck schön, der Sache ange-
messen und Deiner persönlich würdig. Ich wüßte auch kein Wort,
was ich anders stellen möchte. Du hast die große Gabe, mit den
mildesten Worten die stärksten Sachen zu sagen, eine Gabe, die
nicht allen eigen ist, die auch die Sprache in ihrer Gewalt haben.
Du kannst Dir denken, wie ich auf den Verfolg der Sache begierig
und gespannt bin. Aber es wird einen Monat dauern, ehe ich ihn
erfahre. Das kann kaum anders sein. Auf Dein liebes Herkom-
men, mein allerteuerstes Leben, habe ich schon Verzicht getan und
bringe dem Vaterland zwar schmerzlich, aber gern das Opfer. So-
bald der Karneval vorüber ist, der, wie Du weißt, hier alle Men-
schen toll macht, werde ich meine Recherchen nach einem brauchbaren

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