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[   Band 6 Brief 169:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 22. Januar 1819   ]


jene wegzuschaffen, sondern jene selbst dies als Waffe gegen mich
brauchen werden, um mir Inkonsequenz, Mangel an Festigkeit und
Lust, ein Ministerium zu haben, vorzuwerfen, davon bin ich auch
wirklich überzeugt. Allein wenn man, wie man doch hier muß,
mehr auf die Sache geht, so scheint sie anders. Das Geschäft,
das ich ausführen soll, ist von der äußersten Wichtigkeit, und den
Schaden, den mir die beiden darin tun können, kann ich jetzt, nach
Veränderung aller Umstände, so hoch nicht anschlagen. Ihr eigenes
Departement ist unbedeutend, und wenn ich mit dem König selbst
persönlich zu tun habe, so können sie auch mir nicht so in den
Weg treten. Darin sind alle Umstände anders, als zu der Zeit,
wie ich am bestimmtesten aussprach, nicht mit ihnen dienen zu
wollen. Im übrigen war ich mit dem Hiesigen noch mehr in allem
überein. Wir haben verabredet, daß ich dem König jetzt auf das
wärmste für sein Vertrauen danke, allein sage, daß ich mich erst
in Berlin selbst definitiv erklären kann, und daß ich dem Staats-
kanzler ziemlich kalt antworte, und daß ich dem, der mir neulich
durch eine Estafette schrieb *), mein Bedenken ausführlicher darlege.
Das Hauptbedenken ist in Wahrheit nur das der Stellung des
Staatskanzlers. Vor seinen Eingriffen muß man sicher sein, das
ist eine conditio sine qua non. Ein wahrer Eingriff in mein
Ministerium ist schon jetzt sein Arbeiten an einer Konstitution.
Wir sind übereingekommen, daß ich ihm hierüber nachdrücklich
schreibe. Es wäre schrecklich, wenn er durch neue Übereilungen
alles verderben wollte und könnte und der Staat seinen schrift-
stellerischen Eigendünkel büßen müßte. Es ist überaus glücklich,
daß er sich infolge eben dieses Dünkels nicht hat enthalten können,
diese Nachschrift zu machen. Wirklich kann sie ein großes Licht
über dasjenige verbreiten, was er sich von der mir zugedachten
Stellung für einen Begriff macht. Ich bin nicht argwöhnisch, aber

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*) Witzleben.

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