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[   Band 6 Brief 168:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 15. Januar 1819   ]


nicht lobe, die Welt wenig von dieser Seite und in dieser Art auf
mich wirken lasse. Aber hier glaube ich in der Tat nicht unrichtig
gehandelt zu haben. Mit dem Anerbieten der Rheinprovinzen,
sagst Du ganz recht, war es ihm nicht ernst. Aber auch über-
haupt mit keinem Anerbieten, das glaube mir. Schon darum mußte
ich in Aachen alles ausschlagen. Das, was jetzt kommen soll, ist
ihm vermutlich auch abgedrungen durch die Unmöglichkeit, in die
ihn meine Festigkeit versetzt, mich von Berlin zu entfernen, und
vielleicht durch eine Krise in allem, eine nicht von ihm herkommende
Neigung, ihn zu entfernen, von der des Neuen Berufung das erste
Symptom war, und durch Bernstorff selbst. Auf alle diese Dinge
konnte ich rechnen, ohne mich selbst zu bewegen. Er mag es auch
als eine mir gelegte Schlinge ansehen, und ich tue immer gut, diese
Ansicht selbst zu haben. Allein es ist sicher, daß ich es nun auch
werde, der die Wurzeln seiner Macht angreift, und wie dies auf
seine Eitelkeit wirken wird, will ich nicht sagen. Da ich dies aber
nicht aus Persönlichkeit, sondern der Sache wegen tue, so kann es
mir niemand für Verrat an dem Umgang selbst auslegen, um so
weniger, als ich in Aachen selbst nie aufgehört habe, ihm zu sagen,
daß seine Stellung zu den Ministern zuerst geändert werden müsse.


169. Humboldt an Caroline                   Frankfurt, 22. Januar 1819

Gestern endlich, liebe Li, ist ein Brief des Staatskanzlers
angekommen. Er hat jetzt die nicht ungescheute Partie
ergriffen, mich vom König geradezu ernennen zu lassen,
und ich zweifle kaum, daß er nicht auch die Ernennung vor meiner
Antwort wird öffentlich bekannt machen.

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