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[   Band 6 Brief 141:    Humboldt an Caroline    London, 29. Oktober 1818   ]


Jetzt gehe ich also zum letztenmal in London zu Bett. Ich
kann es kein frohes Jahr nennen, doch bin ich dem Lande nicht
abhold, noch weniger den Menschen, und den Statuen verdanke ich
sehr viel. Was kann auch das arme Land dafür, daß Du, einzig-
geliebtes Herz, mir fehltest. Mit Dir wäre ich recht gern hier ge-
wesen. Aber herzlich danken muß ich Dir für die unendliche Freude
und das Glück, das Du mir durch Dein treues Schreiben gegeben
hast, das regelmäßig ist wie die Gestirne, und immer sich gleich,
immer so lieb und gut und immer in demselben Geist und Gemüt.
Ich schreibe wohl auch regelmäßig, aber ich weiß nicht, es hat kein
rechtes Verdienst in einem Manne. Er ist einmal gewohnt, die
Dinge in einer gewissen Folge zu tun, und wenigstens hat es einen
ganz anderen Reiz bei Dir. Ich sehe oft lange nur die Auf-
schriften Deiner Briefe an. Sie tragen einen so rührenden Aus-
druck der Treue in der Handschrift an sich, daß ich es Dir nicht
sagen kann. 
Lebe nun wohl, teure, innigstgeliebte Seele.
Ewig Dein H.


142. Caroline an Humboldt                    Rom, 29. Oktober 1818

Ich habe Deinen lieben Brief vom 6. Oktober erhalten und
gestern einen Brief von Koreff vom 17. Oktober empfangen.
Bartholdy *) war angekommen, und hatte ihm den meinen
überbracht und wahrscheinlich gesagt, wie übel ich gerade damals
aussah und wirklich war, als er von hier abreiste. Koreff schreibt
mir ganz aus dem Herzen, mit dem innigsten Anteil. Er will selbst

———
*) Jakob Salomo Bartholdy, geb. 1779, † 1825, seit 1815 preußischer
Generalkonsul in Rom.

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