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[   Band 6 Brief 42:    Humboldt an Caroline    London, 15. Januar 1818   ]


und Landschulen, das ist, meinem Gefühl nach, sogar der schönere
edlere und weit tiefer eingreifend nützliche Teil. Es scheint mir
auch der, für den Türk noch mehr als für jenen paßt, und auf jeden
Fall ist es schwer, für diesen Teil einen tüchtigen Schulrat zu finden.
Er klagte über Mangel an Zeit. Verliert er die gelehrten Schulen,
so kann er sich den anderen mit desto mehr Eifer widmen. Ich
werde ihm das auf eine sehr teilnehmende Weise sagen und ihm
gleich schreiben. Es ist ein sonderbares und nicht gutes Zeichen der
Zeit, daß es wirklich jetzt sehr schwer ist, die Menschen bei gutem
Willen zu erhalten. Jeder verlangt seinen Wirkungskreis gerade
so zugeschnitten, als es ihm notwendig scheint oder recht ist, und
bei der mindesten Abänderung sind sie oben hinaus und sagen den
Handel auf. Allein es liegt gewiß doch auch am Regieren. Wenn
sie in diesem die gehörige Konsequenz, den Ernst und den guten
Willen erkennten, so würde es auch anders sein. So sehen sie jeden
Wechsel als einen neuen Beweis der Unstetigkeit an und verkennen
darüber auch das wirklich Gute.
Wie ich wieder in Deinen Brief blickte, stoße ich auf die Stelle:
Es gibt viele Schmerzen, und je älter man wird, je verwundbarer
und teilnehmender, wenn auch schon stärker, wird man. Sie ist
wunderschön und wunderwahr. Die in Jahren mehr Vorgerückten
können wirklich mehr tragen, und wünschen, wenn sie fein und zart
empfinden, die schonende Hand des Schicksals vorzugsweise der Jugend,
die ihrer mehr bedarf, aber die Gewohnheit der Schmerzen macht den
Sinn nur empfindlicher und jeden Nerv verwundbarer. Es sind nicht
die ungeduldigen Tränen der Jugend, aber die stilleren, in die
sich die ganze Seele auflöst, die fließen. Es ist nicht der Schmerz,
der wie ein widernatürlicher und darum kurz dauernder Zustand
sich aller Kräfte bemeistert und sie lähmt und betäubt, sondern die
leise Wehmut, die das ganze Gemüt durchdringt, in ihm heimisch
wird, und als sollte sie ewig darin wohnen, ihm sonst Ruhe und

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