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[   Band 5 Brief 172:    Humboldt an Caroline    Burgörner, 25. Julius 1817   ]


172. Humboldt an Caroline                Burgörner, 25. Julius 1817

Ich denke, ich schrieb Dir, daß ich Dienstag, 22., noch mit
dem Großherzog von Strelitz aß, der durch Berlin nach
Karlsbad ging. Wir sind in der größesten Freundschaft
geschieden, und es ist mir ordentlich lieb, daß sich dies Verhältnis
wieder angeknüpft hat. Er hat uns in der Zeit unseres größesten
Schmerzes und auch in einer sehr glücklichen und heiteren Lage
gesehen *).
Den Abend brachte ich noch bei Laroches zu. Am folgenden
Morgen, 23., fuhren wir um 6 aus Berlin ab. Ich habe nicht
anders als es mit eigenen Gefühlen verlassen können. Wer weiß
ob und wie ich es wiedersehe. —
Auf der Reise begegnete uns nichts merkwürdiges, und wir kamen
etwa um 8 Uhr gestern abend hier an. Der Brief, in dem Bülow
unsere Ankunft gemeldet hatte, ist noch nicht angelangt. Du kannst
Dir Dunkers Erstaunen und Schrecken denken. Er hat nach seiner
Manier die Stuben, in denen nicht gebaut wird, so mit Meubeln
vollgesetzt, daß auch nicht ein Winkelchen, außer der Stube, wo
er selbst wohnt, frei blieb. Ich ließ auf der Stelle die rote Stube
von den Meubeln ledig machen. Der Bau wird sehr hübsch werden. . . .
Dunker ist jetzt mit neuen großen Planen beschäftigt, ob er alle
diese Baue überleben wird, weiß Gott. Sie greifen ihn sehr an.
Es wird aber auch kein Nagel eingeschlagen, den er nicht heraus-
gibt und über den er nicht Buch führt. . ..
Wie ich heute diese Besichtigung vollendet hatte, sehe ich aus
dem Fenster, daß unten eine Volksversammlung von lauter Weibern
und Mädchen war. Sie wollten sich wegen der erlassenen Frondienste
bedanken. Ich habe mich also hinunterbegeben, bin mit vieler Kunst
in dem Angesicht der versammelten Menge, da die Treppe vor dem

———
*) Vgl. Bd. II, 116 ff.

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