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[   Band 5 Brief 151:    Caroline an Humboldt     Rom, 3. Junius 1817   ]


in den sie wieder versinken, und es wird still und klar in meiner
Seele.
Caroline hat fortwährend Gesichtsschmerzen. Nach St. Peter
gehe ich immediate nach Ischia und halte mich gar nicht in Neapel
auf. Gott gebe seinen Segen dazu! Mein Herz ist in einer
Wehmut über Carolinens Zustand, die alles übersteigt. Erwäge
selbst, welche Masse von Gutmütigkeit dazu gehört, um daß in ihr
keine Bitterkeit über das frohere Lebensverhältnis, dem ihre Schwestern
entgegengehen, sich entwickele und über eine solche beständige,
dauernde Kränklichkeit. Meine liebe, gute Caroline, könnte ich ihr
doch mit meinem Leben helfen! Ich muß abbrechen. Ich umarme
Dich tausend und tausendmal. Die Kinder grüßen.
Ewig die Deine.


152. Humboldt an Caroline                         Berlin, 3. Junius 1817

Ich bin wirklich heute, liebe Li, wie Du manchmal zu sagen
pflegst, wie ein gejagtes Reh. Ich schreibe Dir gewöhn-
lich jetzt den Tag vor dem Posttag, um an diesem
Boisdeslandes, der um 8 Uhr zu mir kommt, den Brief fertig zu
geben. Gestern abend nun hatte ich eine langweilige Arbeit, in der
es mir nicht möglich war, mich zu stören, weil sie heute fertig sein
mußte. Heute hat mir die Konferenz der Kommission den ganzen
Vormittag weggenommen, und nun ist es 3 Uhr. Um 4 esse ich
bei dem Staatskanzler und muß den Brief fertig mitnehmen.
Ich war seit meinem letzten Brief an Dich, teure Seele, in
Neuhardenberg bei dem Staatskanzler. Ich fuhr am Freitag
morgen gegen 7 von hier fort und kam um 1/2 2 an. Es sind zwar
neun Postmeilen, man hat aber sieben auf der Frankfurter Chaussee zu
fahren, und so braucht man nicht ganz, oder wenn es schlecht geht,

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