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[   Band 5 Brief 133:    Caroline an Humboldt     Karlsbad, 15. Juli 1818   ]


der Regierende ist, kann doch zuletzt nicht so handeln wie nur der
König kann.
Was für eine Bewandtnis mag es denn mit Gneisenau haben?
Das Militär, selbst die, die Gneisenau nicht unbedingt ergeben
sind, war ganz außer sich über seine Entfernung, wie sie es unbe-
dingt nannten. Prinz August sprach mir einmal sehr ernstlich
darüber und mit Bitte, Dir zu sagen, Du möchtest ja fest auf
Deinem Posten stehen, denn wenn dergleichen geschähe, müßte, wie
in Schlachtenreihen, man über die Gefallenen sich näher anschließen,
daß keine Lücke entstünde, in die der Feind eindringen könnte. Ich
werde Dir noch mehr mündlich darüber sagen.
Deinen Agamemnon habe ich mit großem Interesse gelesen.
Wie hat aber Hermann den ersten Bogen können vergessen? Es
ist ja unverzeihlich — Du bist auch zu nachsichtig über alles Eigene.
Die gelbe Ausgabe hatte und hat für mich immer einen eigenen
Reiz. Ich wußte viele Stellen auswendig. Das fließendere
Deutsch war mir angenehmer. Die größere Richtigkeit des Silben-
maßes hat für mich weniger Anziehendes als die faßlichere Kon-
struktion.
Von Theodor höre ich gar nichts, was mich mehr schmerzt
als ich es sagen kann. Adieu, mein Herz. Ewig Deine Li.


134. Humboldt an Caroline                 Frankfurt, 17. Julius 1816

Ich habe seit einiger Zeit immer außerordentliche Gelegen-
heiten, Dir zu schreiben, liebe Li. Diesen Brief empfängst
Du durch Graf Pappenheim *). Er überbringt dem Staats-
kanzler wieder einen hauptsächlichen Teil der hiesigen Arbeit abge-
macht, und der zugleich seine 9000 Seelen betrifft.

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*) Vgl. S. 168 f.

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