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[   Band 5 Brief 102:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 18. April 1816   ]


und geborgen vor allem Unebenen des Lebens zu liegen am schönen
Ort, gegen den doch immer alles Übrige nur eine Verbannung ist.
Aber auf der anderen Seite wäre Wilhelm höchstwahrscheinlich
auch im Leben und Streben glücklich und gut gewesen, und Gustav
hatte etwas unendlich Frommes und Heiliges. Mir bleibt von den
beiden Kleinen für ewig das, daß sie bei mir dem eignen Tode
auch die letzte Bitterkeit, die er vielleicht haben könnte, nehmen.
Ich glaube gar nicht so bestimmt zwar an ein persönliches Wieder-
sehen, aber die Kraft gegenseitiger Liebe ist doch ewig, und, ohne
daß man es selbst weiß, fortwaltend, und wenn der eine den kühnen
Schritt vorangetan hat, sind für den andern beide Welten wirklich
verbunden. Mir waren sie die ersten Gestorbenen, die ich wirklich
liebte.

                                                         19. April
Es schmerzt mich sehr, daß die arme Caroline wieder mehr
leidend gewesen ist, und daß es möglich ist, daß Du noch mit ihr
nach Karlsbad gehen mußt. Du weißt, Kohlrausch wollte das
schon immer. Ich kann Dir, Engel, nichts darüber sagen, als was
Du gewiß selbst denkst. Man muß nichts wegen Carolinen ver-
säumen. Allein mir tut es unendlich leid. . . .
Die Cüstine ist ganz ernsthaft unruhig, ob sie Dir gefallen wird.
Es ist eine sehr närrische Person. Heute früh habe ich sie sehr lachen
machen. Sie hat Mäuse, ihre Leute haben ihr keine Mäusefallen ver-
schaffen können, und sie behauptet, es gäbe in Deutschland gar keine.
Heute früh habe ich ihr fünf, alle verschieden und wirklich von der nied-
lichsten Art, geschickt. Sie hat eine ausgewählt, die anderen vier
werden nun mein Haus reinigen.
Eben bekomme ich lange Briefe von Ilgen und ihr. Das
Unglück ist nun hereingebrochen. Es ist ein Schreiben Schuckmanns
angekommen, das die adlige Adresse für einen Schreibfehler erklärt.

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