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[   Band 5 Brief 88:    Caroline an Humboldt     Berlin, 5. März 1816   ]


Haupt- und Staatsakt werden bereiten lassen? Sage nicht, daß
ich spotte. Mit Dir aber, liebes Herz, zu scherzen, ist immer süß, und
es geht mir dieser frische Lebensquell in Deiner Entfernung oft aus.
Gestern waren hübsche Leute bei mir. Graf Solms, Herr
v. Haxthausen, Nicolovius, Graf Stolberg, Fouqué *) mit seiner
Frau und Tochter, Pfuel mit seiner Frau, die Ramdohr, Koreff,
Bombelles usw. Man war sehr heiter. Heute abend kommen
Larochens **), die Dich nebst Malchen immer herzlich grüßen.
Mit der Fouqué sprach ich gestern lange und hübsch darüber, wie
die Jugend doch so anders ist als die, die vor 25—30 Jahren
Jugend war. In der Fouqué sind viele Anklänge, man kann sehr
hübsch mit ihr reden.
Auf Adel und August zurückzukommen. Er hat doch jetzt ein
bestimmtes Geschäft. . . . Übrigens wirst Du immer gut tun, wenn
Du in Deinen Briefen an das liebe Paar in allem Deine sanfte,
milde, rücksichtsvolle, oft, so oft tief entsagende Ansicht in Lebens-
verhältnissen ausspricht. Von Dir fruchtet das mehr noch wie von
mir. Meine Art zu sein halten sie rein weg für Schwäche, nicht
abschlagen können. Das habe ich oft gefühlt, daß meine beste
Empfindung gar als nicht daseiend ist gehalten worden.
Daß Du den Pradt ***) nicht gelesen, ist unrecht. Es ist ein

———
*) Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte-Fouqué, geb. 1777,
† 1843, der bekannte romantische Erzähler der »Undine« usw., verm. mit
der verwitweten Frau Caroline v. Rochow, geborenen v. Briest, geb. 1773,
† 1831. Tochter dieses Paares Marie de la Motte-Fouqué, geb. 1804, † 1864.
Vgl. »Vom Leben am Preußischen Hofe 1815—1852« von Caroline v. Rochow
und Marie de la Motte-Fouqué.
**) Karl v. Laroche, geb. 1766, † 1839, seine Gattin Friederike, geborene
v. Stein und deren Schwester Malchen. Vgl. Bd. I.
***) »Récit historique sur la restauration de la royauté en France« von
dem französischen Staatsmann Dominique Dufour de Pradt, geb. 1759,
† 1837, 1814 geschrieben.

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