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[   Band 5 Brief 18:    Humboldt an Caroline    Paris, 19. August 1815    ]


wünschen müßte und Reisende fordern werden. Auf jeden Fall
muß ich suchen, die Miete außer meinem Gehalt zu kriegen.
Mit dem Kanzler geht es besser, aber langsam. Stein hat ihm
geraten, beständig zu Hause und zur gleichen Stunde zu essen. Er
hat es einen Tag getan, dann nicht mehr, vielmehr gleich drei Tage
hintereinander aus. Er ist mit einem Wort in allen Stücken wie
Du, liebe, kleine Li, die Du Dich auch nie schonen willst. Ich bin
auch in mir überzeugt, daß ich darum so gut mit ihm fertig werde,
und er mich so liebt, weil ich zu Dir und Deinem Leben passe. Seine
Besserung macht mir eine unendliche Freude, ich kann Dir nicht
sagen, wie gut ich ihm bin.
Gneisenau habe ich die Stelle Deines Briefes vorgelesen. Er
grüßt Dich herzlich. Die Clausewitz *), geborene Brühl, ist hier, ich
sah sie aber noch nicht.
Lebe wohl, innig teures, liebes Wesen, mein einzig süßes Herz
und meine ewige Sehnsucht. Umarme die kleine Frau und die
Mädchen. Ewig Dein H.


19. Humboldt an Caroline                       Paris, 22. August 1815

Schlabrendorff sehe ich leider sehr wenig. Ich kann es nur
zwischen der Konferenz und dem Mittagessen, und da ich
meistenteils nach der ersten wieder ins Faubourg St. Germain
fahren muß, so ist es eine zu große Entfernung, um es oft zu tun.
Nur einmal habe ich ihn eigentlich ausführlich gesprochen, denn oft,
wenn man hinkommt und meistenteils sind fremde Menschen da, vor
denen man sich doch nicht gern ausläßt.
Wenn Du mit ihm über die letzten Jahre und ihre Ereignisse
sprichst, werden Dich seine Ansichten auf den ersten Anblick sehr

———
*) Gattin des preußischen Generals Karl v. Clausewitz.

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