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[   Band 4 Brief 262:    Humboldt an Caroline    Wien, 30. März 1815   ]


Blücher kommandiert ganz für sich und Schwarzenberg
ebenfalls.
Verzeih, liebe, teure Seele, daß ich plötzlich abbrechen muß. . . .


263. Humboldt an Caroline                     Wien, 3. April 1815

Ich kam gestern, liebe Li, erst um 3/4 1 aus einer Konferenz
nach Hause, arbeitete noch bis 3 und war dann zu müde,
um zu schreiben. Die Tätigkeit ist jetzt am größten, und
Preußen ist in einem närrischen Verhältnis. Da man weiß, daß
man es immer auf einem rechten und konsequenten Wege findet,
der manchen Planen hinderlich ist, so sucht man es zu umgehen,
es fehlt uns auch aus Gründen, die Du leicht selbst erkennen wirst,
hier und da an rechtem Gewicht; durch beides ist unser Einfluß
geschwächt. Allein da Hardenberg und ich wieder die einzigen sind
unter den Gesandten, die ordentlich arbeiten und es verstehen, da
wir kein Interesse, auch kein kleines uns nicht ganz naheliegendes
versäumen, so geschieht doch das meiste durch Preußen, und so hat
wieder Preußen und ich insbesondere das Ansehen, die Kongreß-
geschäfte vorzüglich in Gang zu erhalten.
Gestern abend waren wir mit Metternich, Razoumoffsky und
Nesselrode ganz allein, und es war sehr merkwürdig. Ich werde
es Dir der Kuriosität wegen genau erzählen. Es sollte von den
letzten Territorialverhältnissen in Deutschland die Rede sein.
Solltest Du nun glauben können, daß Nesselrode vorschlug, Eugen
70000 Seelen in Deutschland, und ob er gleich das Wort Sou-
veränität nicht laut auszusprechen wagte, doch eigentlich mit ihr
gleichkommenden Rechten zu geben. Kaum hatte er nur Eugen
über seine Lippen gebracht, so fing der Kanzler nach seiner inneren
edlen Manier mit entsetzlicher Heftigkeit zu sagen an, daß er sich

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