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[   Band 4 Brief 242:    Humboldt an Caroline    Wien, 14. Februar 1815   ]


Sachsen gegeben haben und sie uns brauchen möchten, um Murat *)
zu stürzen, das einzige, worin auch ich wirklich mit Talleyrand
einig bin.
Talleyrand und Dalberg **) haben sich auch ganz mit mir ver-
söhnt und kajolieren mich sehr. Der Kanzler will mich nirgends
als in Paris, weil er glaubt, daß ich dort nötig bin. Denn Arg-
wohn hat er gar nicht auf mich, er hat mir noch neulich frei ge-
standen, daß er eine Menge Insinuationen gegen mich mündlich
und schriftlich bekommen habe, wie ich ihn stürzen wolle, daß er
aber sehr gut wisse, wie einig wir immer gewesen wären, und daß
er sehr ungern jedesmal ohne mich sei!
Von Brentanos Libussa ***) hatte ich keinen so günstigen Begriff,
ob ich ihn gleich selbst wohl mag. Daß sich Bettina um Dich
Mühe gibt, begreife ich sehr. Wer täte es nicht, wer nur irgend
Sinn hat, und an dem fehlt es ihr nicht. Ich habe sie sehr gern,
ob ich gleich nicht glaube, daß es gegenseitig bei ihr ist. Durch
mehr Natürlichkeit kann sie nur gewinnen. In ihren bizarrsten
Zeiten lag das Hübscheste, was sie sagte und tat, gar nicht so in
dem wahrhaft Sonderbaren.
Krusemarck hat mir geschrieben. Er nimmt mein Quartier.
Manchmal (unter uns) ist der arme Kanzler freilich besorgt, wie er
mit Metternich fertig werden wird, ohne sich düpieren zu lassen.
Er sieht jetzt sehr ein, daß ich vier Jahre lang viel Not gehabt
habe und die Dinge habe mit großer Konsequenz und Ruhe be-
handeln müssen, um sie dahin zu bringen, wohin sie gekommen sind.
Niebuhrs Wunsch, nach Rom zu kommen, kenne ich und hätte
eben nichts dagegen. Aber gut ist er auch nicht. Er nimmt die
Dinge auf die Länge nicht ernsthaft genug und vernachlässigt sie.

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*) Vgl. S. 11.
**) Vgl. S. 410.
***) Vgl. S. 462.

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