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[   Band 4 Brief 241:    Caroline an Humboldt     Berlin, 18. Februar 1815   ]


beschreiblich leid, und die Ursache, die man anführt, daß man
Bayerns innere Verhältnisse zerrüttet hätte, ist mir nicht hin-
reichend, denn Bayern zu erschüttern, weniger sicher zu stellen, hielte
ich für ein Glück für Deutschland. Warum soll denn Preußen
allein seine angeerbten Erblande aufgeben? Die Bayreuther und
Ansbacher sind enthusiastisch preußisch, und den wahren Enthusiasmus
muß man pflegen, wie die Blüte der Empfindung im Gemüt.
Denkt man darauf einen Statthalter, Vizekönig, wie man’s
nun nennen will, in jenes rheinische Preußen zu setzen? Das dünkt
mich unerläßlich, um schneller und besser alles mit demselben Geist
zu beseelen. Eine rechte Auswahl von edlen und gutgesinnten
Männern im Militär und Zivil muß man dort etablieren. Denn
da, in den noch nicht preußisch gewesenen Provinzen, hat man doch
eine gewisse Abneigung für uns. Das habe ich noch jetzt erfahren,
als ich in jenen Rheinlanden war.
Im ganzen, kann ich Dir nicht leugnen, bin ich nicht damit
einverstanden, daß man in der Ankündigung, die man dem Pu-
blikum gegeben hat, darauf so besonders aufmerksam macht, daß man
von dem Grundsatz ausgegangen, Preußen müsse wieder in einen
Machtzustand von 1805 kommen, denn daß sie verdienen dahinein
wieder zu kommen, drängt sich einem jeden in den Sinn, lebt in
Tausenden mit dem Bewußtsein ihrer Taten. Nunmehr aber sagt
ein jeder: dieser Zustand von Macht ist doch nicht derselbe im
Verhältnis zu den anderen. Preußen hatte 1805 zehn Millionen
Menschen, etwas darüber oder darunter, und hat sie 1815 wieder.
Allein das ganze südliche Deutschland war in einem ganz anderen
Verhältnis. Freilich ist Preußen durch seine beschränktere Grenze
in Polen (Polen ist meiner Meinung nach ein Abgrund, aus dem
nichts herauszuholen, aber viel hineinzuwerfen ist und zwar bodenlos)
in einem weit besseren und kräftigeren Zustand der Macht. Ob
das Bayerns und Württembergs und der übrigen Fürsten ab-

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