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[   Band 4 Brief 221:    Humboldt an Caroline    Wien, 8. Dezember 1814   ]


ist mir’s auch, als wenn alles ganz anders kommen würde, und
wenn ich mich mit Talleyrand sehe, kommt’s mir auch wunderbar
vor. Äußerlich sind wir zwar selbst freundlich miteinander, allein
im Grunde eine arge Spannung. Ich habe eigentlich nur zwei
Unterredungen mit ihm gehabt, solange ich hier bin. Eine lange
bei Stackelberg *) vor Tisch über Sachsen. Die fing fremd an und
endete so. In einer zweiten behauptete er, wie gern Frankreich
in gutem Vernehmen mit Preußen sein wollte, lobte mich, meinen,
Alexanders Ruhm, und ermahnte mich dann wieder wegen Sachsen,
es sei eine ungerechte Sache, mein ganzer Ruhm werde daran
scheitern. Darauf mußte ich wieder so antworten, daß es auch
die Freundschaft nicht befestigte.
Daß Burgsdorff **) nicht recht glücklich ist, glaube ich wohl. Er
hat zuviel unbestimmtes Verlangen in sich. Überhaupt ist alles Glück-
lichsein immer entweder nur die Folge eines großen, wirklich vom
Schicksal gegebenen Glücks, das durchs ganze Leben hindurch genügt,
oder es wird nur dem Gemüt durch eine ernste Arbeit abgerungen.
Alles, was man sonst von Glücklichsein hört, ist nur Komödie, oder
Fabel, oder Traum, oder Albernheit.
Lebe wohl, inniggeliebtes Wesen.
Ewig Dein H.


222. Humboldt an Caroline                     Wien, 11. Dezember 1814

Ich bin eben, liebes Kind, mit der Arbeit fertig geworden,
von der ich Dir sagte, und da nun die andern, die immer
gern liegen lassen, lesen müssen, so werde ich wohl wieder
mehr Ruhe haben, als ich wünsche. Die Arbeit betraf die deutsche

———
*) Vgl. S. 24.
**) Vgl. S. 188.

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