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[   Band 4 Brief 208:    Caroline an Humboldt     Berlin, 11. November 1814   ]


Kommt es Dir nicht auch so vor? Es ist mir, als wenn sie da
nicht die Wahrheit rein gesagt hätte. Die Wahrsagungen der
Frau aus Königsberg würden mich nicht sehr stören, allein ich
sehe bei uns keinen rechten Wirkungskreis für die arme Frau, und
ohne einen solchen würde sie sich bei uns nicht glücklich fühlen.
Heute Abend sind Larochens bei mir gewesen. Ich habe
einen recht hübschen und ordentlichen Tee gehabt.


209. Humboldt an Caroline                  Wien, 7. November 1814

Deine unendlich lieben Briefe aus Burgörner haben mich
tief gerührt, teures Kind.
Ich habe vorgestern Schlegels, Koreff, Hedemann
und den Oberstleutnant Thile *) zum Essen gehabt, sonst bloß
Flemming und ich. Alle schienen sich sehr gut zu gefallen. Einige
Tage vorher habe ich Talleyrand und die Franzosen bei mir ge-
habt. Es waren gerade den Tag vorher in einer Konferenz
ziemlich starke Szenen vorgefallen, und er war sehr übler humeur
gewesen. Er hat mir hernach bei mir versichert, daß ich daran
gar keinen Teil gehabt, und er war den ganzen Mittag über sehr
gesprächig und liebenswürdig. Seitdem habe ich zum erstenmal
bei ihm gegessen, und da die kleine Périgord **), die Schwester der
Sagan, die noch von der Herz unterrichtet worden ist, zum ersten-
mal, da ich neben ihr saß, recht gesprochen. Sie war auch sonst
schon in Gesellschaften immer sehr freundlich mit mir, sie tut sehr

———
*) v. Thile, geb. 1781, † 1852, 1812—1817 vortragender Adjutant beim
König.
**) Dorothee, geb. 1793, † 1862, vierte Tochter des Herzogs Biron
v. Kurland, 1809 vermählt mit dem Herzog Edmund v. Talleyrand-Périgord.

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