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[   Band 4 Brief 191:    Caroline an Humboldt     Coppet, 19. August 1814   ]


erreichten, Fragen getan und Interessen berührt, über die man
wochenlang reden könnte.
Wir genießen des herrlichsten Wetters hier, und ich hoffe, die
Tour ins Chamounixtal noch eben so zu machen. Nur um wieder
hier los zu kommen, wird es Künste kosten. Ich wollte drei volle
Tage hier bleiben und den 21. fort, allein vor dem 22. wird es
gewiß nicht. Sie spricht vom 1. September, eher ließe sie mich nicht
gehen. Meine Gesundheit ist viel besser, der Schmerz in der Brust
nimmt mehr und mehr ab, und ich gewinne an Schlaf.
Die Kinder grüßen aufs zärtlichste und gefallen sehr. Albertine
ist sehr hübsch, besonders ihre Augen sind allerliebst. Im übrigen
äußern sich Verschiedenheiten des Charakters, die drollig genug sind
und Dich sehr amüsieren würden, nationelle. Wir sind alle hier
sehr nationell.
Ich fand, wie ich ankam, den berühmten Chemiker hier aus
England, Davy *) heißt er, glaub ich, mit seiner Frau, und da die
Schweiz voller Leute steckt, die »speak english?« fragen, so ist die
Unterhaltung hier beinah geteilt.
Frau v. Staël finde ich doch im ganzen etwas verändert,
und es ließen sich manche Reflexionen über den menschlichen Sinn
und das Gemüt machen, das so selten mit dem Erreichten, mit
dem Errungenen zufrieden ist. Dich, mein Herz, soll ich tausendmal
grüßen. Mehrere Genfer, die gestern und vorgestern hier waren,
sagten mir, sie wüßten, welche gute Gesinnungen Du für Genf und
ihren Bezirk gehabt habest.
Ich umarme Dich, mein Engel, und bitte Dich, alle zu grüßen,
die sich freundlich meiner erinnern. Deine Li.

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*) Sir Humphrey Davy, geb. 1778, † 1829.

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