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[   Band 4 Brief 163:    Humboldt an Caroline    Paris, 26. April 1814   ]


Licht schauten, muß die wahre Heimat der Menschen sein, nicht
da, wo sie kurzdauernd und einzeln und in unterbrochenen Reihen
aufeinander folgen.
Lebe wohl, inniggeliebtes Wesen. Ewig Dein H.


164. Caroline an Humboldt                       Wien, 2. Mai 1814

Ich kam gestern nicht zum Schreiben, mein Herz. Es fängt
auch an, etwas konfus bei mir auszusehen, und meine
Gesundheit erlaubt mir nur, sehr mäßig im Arbeiten und
Packen zu sein. Ich denke noch immer, den 7. abzureisen. . . .
Grüße Alexandern sehr. Ich weiß nicht, warum er eine so
kleine Meinung von Deiner Tugend hat.
Was Monsieur Dir gesagt hat, freut mich. Eine gewisse
Reinheit des Rufs ist immer etwas wert. Die Menschen sehen
zwar nur die äußere Erscheinung, die in ihren Kram paßt, und
von der Reinheit des Gemüts in politischer Beziehung mögen
wohl wenige einen Begriff oder auch nur eine Ahndung haben.
Es ist damit wie mit den Gefühlen überhaupt. Das eigentlich
Beste will immer nur geahndet sein. Aber Glück hast Du auch
in Deiner öffentlichen Laufbahn gehabt, das muß man mit ge-
rührtem Herzen erkennen. Du wirst mich verstehen. Glück und
Unglück gibt es überhaupt in allem in der Welt, und das Glück,
das ich eben meine, hat eine gewisse Kraft der Weihe bei sich.
Napoleon ist sehr sonderbar, mich dünkt aber doch, er zeigt hie
und da Spuren von Wahnsinn. Geht er denn auf die Insel
Elba als Souverän oder als Détenu? Das kann ich hier rein
gar nicht ergründen.
Hedemann grüße doch aufs innigste von mir und den Kindern.

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