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[   Band 4 Brief 143:    Humboldt an Caroline    Chatillon, 19. März 1814   ]


143. Humboldt an Caroline            Chatillon, 19. März 1814

Wir haben heute unsere letzte Konferenz gehabt, liebe Li,
und zwar ohne Frieden. Die Begebenheiten, wie groß
und dringend sie auch für Frankreich sind, haben noch
nicht den Eindruck gemacht, der zum Annehmen notwendiger
und gerechter Bedingungen nötigte. Es müssen neue Ereignisse
herzutreten, und die Dinge ruhen aufs neue im Schoße der
Götter.
Ich würde morgen, oder da morgen noch wegen unserer
Protokolle einiges zu ordnen ist, übermorgen Chatillon verlassen,
wenn nicht uns heute die Nachricht gekommen wäre, daß die Haupt-
quartiere der Monarchen nach Bar sur Seine verlegt sind. Napoleon
scheint sich nämlich jetzt gegen die Schwarzenbergische Armee zu
wenden . . .
Habe ich Dir je geschrieben, daß ich bewirkt habe, daß Lolo *)
bis jetzt ihre Pension ununterbrochen ausgezahlt bekommt? Ich hatte
mich von Freiburg aus darum bemüht, habe aber erst hier die
Gewißheit erhalten, daß es gelungen ist. Ich sehe auch für die
Folge keine Schwierigkeit.
Die Geburtstage der Kinder rücken heran, beste Seele, und ich
kann ihnen von hier aus gar nichts schicken. Ich bin aber noch
in einer anderen Not. Ich weiß nie die Tage ganz ordentlich.
Sei mir darum nicht böse, süßes Herz, aber es geht mir mit allen
Tagen so, es prägt sich mir gar nichts so epochenweise ein. Ich
will Dir nun einmal sagen, wie ich es meine. Aber lache mich ja
nicht aus, ich bitte Dich. Gabrielens Geburtstag ist, denke ich
gewiß zu wissen, am 28. April, Adelheids am 5. Mai, Carolinens
am 6. Mai; aber nun weiß ich gar nicht, wo ich mit Hermann
hin soll, mir schwimmt so etwas vom 19. April vor dem Gedächtnis,

———
*) Frau v. Schiller.

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