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[   Band 4 Brief 112:    Humboldt an Caroline    Freiburg, 8. Januar 1814   ]


gegessen, und Metternich hat die Kühnheit gehabt, ihm ins Gesicht
zu sagen, daß er ganz eigen für Frau v. Ompteda zugeschnittene
Flügel habe, und auf eine so gute Manier, daß jener es gar nicht
übelnehmen konnte.


113. Humboldt an Caroline               Freiburg, 12. Januar 1814

Dieser Brief wird Dir spät zukommen, liebe Li, allein ich
habe Dir mehreres zu sagen, was ich nicht unserm ge-
wöhnlichen Briefwechsel anvertrauen mag und kann, und
benutze daher Gentzens Abreise. Er bleibt aber noch einige Tage hier.
Ich habe Dir in diesen letzten Zeiten wenig ordentlich über
die öffentlichen Angelegenheiten schreiben können, da sie meist ge-
heimer Natur waren. Jetzt ist manches veraltet. Ich rede Dir
also nur von dem Gange der Begebenheiten im ganzen und gebe
Dir damit zugleich ein Bild des Inneren meiner individuellen Lage.
Man kann alles Wichtige, was jetzt vorgeht, in das Friedens-
geschäft, die Kriegführung im Großen und die Einrichtungen unter
den Alliierten nach dem Frieden abteilen.
Mit dem Friedensgeschäft steht es so, daß man durch
St. Aignan *) Vorschläge von Friedensbasen gemacht, und daß
Napoleon diese angenommen hat, daß England auch hineingegangen
ist, und Lord Castlereagh **) selbst vielleicht schon morgen hier sein
kann. Den ganzen Schritt mit St. Aignan und noch mehr mit
der Deklaration, die Du kennst, habe ich gemißbilligt; ich habe
dem Kanzler ein schriftliches Memoire darüber gegeben. Er ist
auch insofern unschuldig daran, daß Metternich ihn zur Unter-
redung mit St. Aignan nicht zugezogen hatte.

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*) Bisher französischer Gesandter in Weimar.
**) Geb. 1769, † 1822, seit 1812 englischer Minister des Auswärtigen.

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