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[   Band 4 Brief 100:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 10. Dezember 1813   ]


dürfte doch noch ziemlich schwierig sein. Von Bremen sind schon
Deputierte hier, und man sichert ihnen und der Stadt ihre Un-
abhängigkeit als freie Hansestadt zu.
Es ist nicht zu leugnen, daß jetzt ein frohes Wiederaufleben
in Deutschland ist, allein es würde noch viel größer und froher
sein, wenn man schon jetzt mehr wiederherstellen könnte und
weniger provisorisch stehen lassen müßte. So unvermeidlich dies
ist, da es wirklich unvernünftig sein würde, jetzt, wo noch so viele
Fragen unentschieden sind, Einrichtungen zu machen oder wieder
zurückzurufen, die notwendig aus dem Ganzen angeordnet werden
müssen, so unvorteilhaft wirkt es auf die Stimmung der Menschen.
Wo man dieser ungünstigen Wirkung aber entgegenarbeiten kann,
geschieht es, und ich habe selbst einige wichtige Gelegenheiten ge-
funden, kräftig dazu mitzuwirken.
Ich habe Dir gestern oder vorgestern einige Anekdoten von
dem Kurfürsten von Hessen erzählt. Hier ist noch eine göttliche.
Der ehemalige Schweizer seines Palais hatte sich, um ihm zu ge-
fallen, in seine alte Livree gesteckt und so wieder an die Tür
gestellt. Der Kurfürst, als er es sah, fragte ihn verwundert, was
wäre? »Nun,« sagte der Mensch, »ich stehe auf meinem Posten,«
und der Kurfürst drehte sich mitleidig um und sagte: »Gott! Der
arme Mensch ist seit 1806 nicht abgelöst worden.«
Der Landgraf *), der in Wien war, verfolgt mich mit seiner
Freundschaft, die aber nicht sehr uneigennützig ist. Denn stelle
Dir nur vor, daß er will, daß der Kurfürst bei dem Frieden ver-
größert werden, und dann ihm und seinem Bruder in dieser Ver-
größerung eine Dotation angewiesen werden soll. Er hat mir
gestern dies schöne Projekt vertraut und mich sehr gebeten, es zu
befördern. Überhaupt wenden sich die Leute in deutschen Sachen

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*) Vgl. S. 161. 

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