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[   Band 4 Brief 95:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 29. November 1813   ]


anderes, als an die Beendigung des Krieges und die Erzwingung
eines guten Friedens zu denken, für diesen Zweck über alles andere
jetzt wegzusehen und den errungenen Vorteil sowie den wichtigsten
noch zu erringenden nur in der Abschüttelung eines fremden
Joches zu finden. Allein diese ganz reinen Gesinnungen können
sich nur einzeln finden.
Wenn ich aber bedenke, wie die verbündeten Mächte es hätten
anders machen sollen, so sehe ich es auch nicht ab. Denn jetzt
Veränderungen mit Fürsten vorzunehmen, die Rechte derselben zu
ihren Untertanen zu bestimmen, ihnen Stände an die Seite zu stellen,
würde in unzählige Weitläufigkeiten in einem Augenblick geführt
haben, in welchem das Handeln das Notwendigste ist. Man hätte
entweder dies versäumt oder die zu treffenden Einrichtungen
übereilt.
Über ganz Deutschland hätte eher etwas ausgesprochen werden
können, doch war auch das schwer. Schon die Frage eines Kaisers
hat die unendlichsten Schwierigkeiten. Es ist weder jemand, der
rechte Lust hätte, es zu sein, noch viele, die recht begierig wären,
sich darunter zu fügen. Eine schon sehr in Schlaffheit versunkene
Verfassung (wie die deutsche, noch ehe man sie zertrümmerte, war)
wiederherzustellen, ist fast unmöglich. Außer dem ausgesprochenen
Willen, außer dem Papier, das die Konstitution festsetzt, und der
Form, die sie äußerlich bindet, muß sie auch ein inneres Lebens-
prinzip haben, und ich weiß nicht, wo die deutsche dies jetzt her-
nehmen sollte. Zu diesem allem kommt nun noch die Ungewißheit
des Ausganges des Krieges.
Aus allen diesen Gründen sind alle Fragen, die Deutschland
betreffen, jetzt so unendlich schwierig zu behandeln. . . .

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