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[   Band 3 Brief 168:    Humboldt an Caroline    Berlin, 27. Februar 1810   ]


da sie mit dem Spaß darüber nicht aufhörten. Auch hat mich die
Königin bei dieser Gelegenheit ihre Zimmer sehen lassen, die sehr hübsch
sind. Es ist unter anderem eine Kopie der Dresdener Madonna darin,
die aber lange nicht ist, was sie sein könnte. Die Königin führte mich
auch in die Zimmer der Prinzessinnen, die noch klein sind und neben
ihr wohnen. Prinzessin Louise *) ist ein äußerst hübsches Kind.
Von dieser Seite ist also meine Lage recht angenehm, auch
die Geschäfte haben Fortgang, und amüsant ist die große Mannig-
faltigkeit. Heute habe ich zum Beispiel eine große Konferenz
über die Ausrottung der Krätze in der Charité gehabt. Diese
üble Krankheit hat nämlich seit dem Kriege entsetzlich in Berlin
zugenommen, und die Charité wimmelt davon. Dabei fehlt
es an Wäsche, ich bin neulich selbst dagewesen, Du hast keinen
Begriff, wie das aussieht. Ich treffe aber jetzt umständliche An-
stalten, und so soll es, denk ich, in wenigen Monaten besser sein.
Auch stelle ich Kohlrauschen, nachdem er mich in Rom so oft mit
seiner Sehnsucht nach einem großen Hospital, von dem er ordent-
lich wie von einer Geliebten sprach, geplagt hat, jetzt wenigstens
auf einige Zeit mit der Charité in Verbindung. . . .
Ich menagiere alle Verhältnisse aufs äußerste. Ich werde
schon machen, daß es meinem lieben holden Kinde nie fehlen soll.
Ich kenne keinen schrecklicheren Gedanken, als wenn Du je von
dieser Seite leiden müßtest. Für mich wäre mir sehr wenig daran
gelegen. Auch für die Kinder nicht so viel. Zum Teil ist ihnen oft
eine nicht zu große Aisance vorteilhaft. Aber den Gedanken, daß Dir
etwas abginge, trüge ich nicht. Es soll aber auch nicht, wenn ich
nur irgend gesund bleibe, und nicht alle Dinge auf einmal mißglücken.
Ewig Dein. H.

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*) Spätere Gemahlin des Prinzen Friedrich der Niederlande.

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