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[   Band 3 Brief 135:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 28. November 1809   ]


einmal: »Teurer Freund« und hast es schon einmal getan. Es
hat mich sehr gefreut und gerührt. Es hat wirklich etwas wunder-
bar Ergreifendes, wenn das tiefste Gefühl, das immer an Leiden-
schaft grenzt und Leidenschaft ist, sich auf einmal, selbst für einen
Augenblick, in die Form bloßer traulicher Herzlichkeit, die dem
leidenschaftlicheren Gefühl im Grunde nicht einmal recht eigen-
tümlich ist, stellt, und so alle Nuancen des innigen Naheseins
durchläuft. Und wohl, mein einzig teures Herz, könnte, wenn ich
Dich auch nicht liebte, niemand so Dein inniger und tief herzlicher
Vertrauter sein als ich. In jeder Art des Verhältnisses würden
unsere Herzen sich immer augenblicklich und bis auf die leiseste
Ahndung verstanden haben.
Unsere Abreise ist jetzt fest bestimmt. Ich habe am 6. meinen
letzten Vortrag und reise vermutlich am 11. ab. Am Neujahr
bin ich in Berlin.


136. Caroline an Humboldt                 Rom, 2. Dezember 1809

Ich wende mich zur Beantwortung Deines lieben Briefes.
Ich werde gewiß im Mai bei Papa sein, es müßte
denn bis dahin sich entscheiden, daß Du eine Gesandt-
schaft nach Neapel bekommst. Dieses wollen wir also als fix
annehmen, im Fall Du, mein teures Herz, dort bleibst. Nun aber,
dort sind Deinem Briefe nach zwei Fälle. Entweder der Hof
kehrt nach Berlin zurück oder nicht. Du sagst, in letzterem Falle
wolltest Du Deinen Abschied nehmen. Ich bin, wenn Du es
nicht tust, weil es Dir durchaus unausstehlich ist, in Königsberg
zu leben oder Dir die Dienstverhältnisse unausstehlich sind, der
Meinung nicht. Ich meine, Du bleibest in Diensten, selbst wenn
der Hof in Königsberg bleibt, wenn das Hindernis nur darin

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