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[   Band 3 Brief 98:    Caroline an Humboldt     Albano, den 29. Julius 1809   ]


Es hat mich erstaunend gerührt, daß Du, Du Teurer, mit
solcher Liebe von unserm Heiratstage schreibst. Ich verdiene es
nicht. Ich bin nicht immer gut gewesen. Und wer könnte gut
genug sein, Deine Liebe und Nachsicht und Langmut zu verdienen!
Nimm mich nun nur wieder gütig auf, wenn ich zurückkomme,
auch wenn ich nicht wie der Herold im Agamemnon den Boden
der Vatererde küsse, sondern beim Weggehen den Boden der
fremden. Aber sie ist mir nicht mehr fremd, seitdem die Asche
der Geliebten mit ihr vermischt.
         »Was ich besitze, seh’ ich wie im Weiten,
         Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.«
Doch ganz ist es nicht so. Du bist, und die Teuren, viele
von ihnen leben noch. Aber in das lebendigste Leben drängt sich
immer der Tod — er ist überall.
Adieu mein Teurer!


99. Caroline an Humboldt              Albano,  2. August 1809

Mein allerteuerster Humboldt!
Gestern abend empfing ich Deinen lieben Brief, worinnen Du
mir Dein angefangenes Brautlied *) schickst, welches ich sehr
hübsch und so zum Lobe der Frauen finde, daß es mich tief
gerührt hat. Scharnhorsts Tochter heiratet also einen Dohna? Wann
man auf die Li ein Brautlied machen wird? ich weiß es nicht,
bis jetzt gibt sie gar keine Zeichen von tieferen Gefühlen von sich.
In Rom macht man viele neue Polizeianstalten. Der Platz
der Rotonde **) hört auf, ein Markt zu sein, man kehrt die Straßen

———
*) An Scharnhorsts Tochter.
**) Pantheon.

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