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[   Band 3 Brief 89:    Caroline an Humboldt     [Rom], 24. Junius 1809   ]


beseitigen. Ich lebe jetzt, wie Du Dir wohl vorstellen kannst, sehr
allein in den Abendstunden, wo sonst die Menschen kamen, da
Kohlrausch, Lebzeltern, die Rennenkampffs und Bruns *) nicht hier
sind. Wie sehr wünschte ich, daß Dein Vorschlag in Hinsicht
Welckers **) ausgeführt werden könnte. Es ist doch ein sinniger
Mensch. Ich würde viel Genuß haben, ihn die letzten Monate hier
zu sehen. Rauch beträgt sich ungemein fein, zuvorkommend, mit
großer Zartheit, Sinn und Verstand gegen mich seit Kohlrauschs
Abreise. Ich kann ihn nicht genug loben.
Über Deine Reflektionen wegen der Küche habe ich lachen
müssen. Du hast nicht den Überschuß gegessen, dafür sei ruhig,
aber im Durchschnitt waren wir in der Regel zehn und jetzt fünf,
und vorigen Winter sechs. Im Mai war die Küche sehr teuer, weil
ich alle Tage ein Huhn haben mußte auf Kohlrauschs Befehl, und
wegen der ersten Früchte, dann die Geburtstagskuchen und ein
Diner zu Augustens ***) Geburtstag.
Adieu, geliebtes Herz. Ewig Dein.

Zwischen den Zeilen dieses Briefes steht mit unsichtbar gewesener
Tinte, jetzt kaum mehr lesbar:

Am 10. wurde die Regierungsveränderung angekündigt. Am
11. erschien die Bulle, mit der der Papst den Kaiser und alle seine
Minister und Helfershelfer exkommuniziert und bis in die dritte Ge-
neration verflucht, die ganze Familie. Er hat alle Schriften, größten-
teils gedruckt, auch hierher ins Haus geschickt. Ich weiß aber kein
Mittel, sie Dir zukommen zu machen. Am 14. wurden alle Menschen
arretiert, die aus dem Quirinal hinausgingen. Am 14. und 15.
abends wurde dem Palast das Wasser abgezogen, allein am 16. früh

———
*) Vgl. S. 92.
**) Vgl. S. 169.
***) Tochter der Frau Brun.

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