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[   Band 3 Brief 83:    Humboldt an Caroline    Königsberg, den 9. Junius 1809   ]


ihn vielleicht weniger sehen, obgleich die Entfernung nur klein ist.
Ich aß eben beim König, als die Königin den Brief bekam, daß
er abgereist sei. Sie freute sich unglaublich.
Des Prinzen erstes Wort, als er mir um den Hals fiel, war:
»So viel Unglück mußte kommen, wenn wir uns nach Rom in
Königsberg wiedersehen sollten!« Einer der Bedienten, die auch
mit in Rom waren, begleitet ihn. Sein Gesicht frappierte mich
sehr, es ist der, der mich die Nacht von des armen Wilhelms Tode
nach L’Ariccia begleitete. Zoëga, der mich damals weckte, ist
nun auch nicht mehr. Und vielleicht sind sie alle glücklicher als
wir. —
In meinem Garten hat man jetzt die Orangenbäume aus
den Treibhäusern gebracht, die Blüten duften ganz hübsch, die
Fontäne springt, der Anblick auf die kraus geschnittenen Hecken
und Buchsbaumfiguren ist vom Fenster herab ganz närrisch, und
die Einsamkeit das Beste dabei.
Lebe wohl, süßes, einziges Herz. Ewig Dein H.


84. Caroline an Humboldt                Rom, 10. Junius. Mittag.

Soeben haben die Kanonen der Engelsburg uns die Ver-
änderung des Gouvernements *) angekündigt, und man
hört in der Stadt viele Trommeln gehn. Man hat die
päpstlichen Wappen von dem Kastell abgenommen und die drei-
farbige Flagge aufgesteckt. Man sagt, aber ob es wirklich so ist,
weiß ich nicht gewiß, daß dem heiligen Vater zwei Millionen Frances

———
*) Napoleon hatte Rom zur kaiserlichen unmittelbaren Stadt erklärt
und dem Papst die weltliche Herrschaft genommen.

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