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[   Band 3 Brief 11:    Humboldt an Caroline    Erfurt, den 16. November 1808   ]


gehen müssen. Der einzig angenehme Umgang ist Reckes *) Frau,
eine recht eigentlich deutsche Schönheit, d. h. groß, nicht mager, und
ohne schöne Züge, von einem Ausdruck, der vielleicht sogar mehr
verspricht, als man hernach findet. Er ist ein braver Mann und
lustig, aber etwas berlinisch, wie Du sehen wirst, wenn ich Dir
sage, daß er sein kleines dreijähriges Mädchen Pauline, beständig
Pullken, Kanaille, deliziöser Lump usw. nennt. Ach! wohin ist
man von dem niedlichen Romanesko der Adelheid und Gabriele hin-
geraten? Ich gebe meinen Abscheu gegen solche Skandala, sowie
auch gegen das Bier, das in einem großen Glase, um das sich
mehrere kleine wie Planeten drehen, erscheint, deutlich zu erkennen
und habe die Frau auf meiner Seite.
Adieu, liebe Seele. Umarme alle. Ewig Dein H.
 
Ich und Theodor gehen morgen nach Weimar und bleiben bis
Sonnabend früh. Ich logiere bei Carolinen. **) Goethe hatte mich
auch gebeten, aber ich hatte es schon Caroline versprochen.


12. Humboldt an Caroline               Erfurt, den 19. November 1808

Ich komme eben von Weimar, liebe Li, wo ich bei Wol-
zogens gewohnt habe. Theodor kommt erst in einigen
Stunden mit der Präsidentin Recke. Er führt sich sehr
artig auf. Seine Schönheit macht auch diesseits der Alpen einen
großen Eindruck.
Die Wolzogen grüßt Dich unendlich. Sie ist wohl, heiter,
lebendiger und interessanter als leicht je sonst, nur freilich beinah

———
*) Präsident in Erfurt.
**) Caroline v. Wolzogen.

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