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[   Band 2 Brief 103:    Humboldt an Caroline    Marino, 11. September 1804   ]


Moses *) findet hier alle weiblichen Gestalten gegen Paris
häßlich, und mir geht es nun damit wie mit der Campagna di
Roma, die ich auch protégiere. Mir begegnen auf jedem Schritt
die hübschesten Personen, aber ich rede mit niemand mehr davon.
Aber freilich, Charmeusen, wie in Paris, gibt es nicht hier, und
Burgsdorff würde hinzusetzen: auch nicht solche Manier, über den
Rinnstein zu treten. Aber an einer römischen Immondezzaia **)
scheiterte gewiß auch alle Pariser Kunst.
Adieu nun, liebe Li, umarme herzlich die Kleinen! Dein H.


104. Caroline an Humboldt           [Paris], 12. September 1804

Die Einlage, die in Deinem gestrigen Briefe für Alexander
war, hat ihm Kohlrausch heute morgen zugestellt, denn ich
sah ihn gestern abend nicht mehr. Alexander kommt alle
Morgen zwischen fünf und sechs Uhr hierher, meistens bleibt er und
frühstückt gegen neun Uhr mit mir, aber heut ist er weggegangen,
ehe ich ausgestanden bin, und Kohlrausch sagt mir, er habe Gesichter
bei Deinem Briefe geschnitten. Was Du ihm in Deinem Briefe
empfiehlst, das Schreiben an den König und das Nichtvernachlässigen
seiner Verhältnisse in Deutschland und namentlich in Berlin, ist ge-
schehen, und ich habe mein möglichstes getan, den Brief zu simpli-
fizieren. Er hat bei Gelegenheit seines Wunsches, den Winter in
Italien zuzubringen, des Klimas erwähnt; allein ich glaube nicht,
daß es, auf die Art wie es geschehen ist, ihm übel aufgenommen
werden kann. Für Alexander, halte ich dafür, ist es ein reelles
Glück gewesen, mich hier in Paris gefunden zu haben, er hätte sich
sonst so tief hier eingelassen, daß er nie wieder herausgekonnt hätte.

———
*) Wohl Mendelssohn. — **) Schmutz.

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