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[   Band 2 Brief 50:    Humboldt an Caroline    Bordeaux, 6. Junius (16 Prair.) 1801   ]


same Fahren unbequem. Wir haben die beiden ersten Tage, die
Essenszeit mitgerechnet, jeden Tag 19 Stunden im Wagen gesessen.
Ich sehe mit innigem Verlangen Sonntag morgen entgegen. Ich
kann Dir nicht sagen, wie ich mich auf das Zurückkommen freue.
Die ganze Reise scheint mir durch den Tag allein belohnt. Es ist
nichts so hübsch auf der Welt als das Wiedersehen, wenn man es
nur ohne Trennung haben könnte.
Umarme die Kinder und lebe herzlich wohl.

 ———

Am 14. Juni trifft Humboldt wieder bei den Seinen in Paris ein. Ende
des Sommers ist die ganze Familie auf der Heimreise nach Deutschland. Das
nächste Ziel ist Weimar, wo sie das Wiedersehen mit Schiller einige Tage fesselt.
Goethe war verreist. Dann geht es weiter nach Burgörner zum Vater Dache-
röden, später nach Tegel, und zum Winter lassen sich Humboldts in Berlin nieder.
Berlin aber in seiner damaligen politischen Dürftigkeit und gesellschaft-
lichen Frivolität konnte Humboldt nicht viel bieten. Er zog sich ganz auf seine
linguistischen Studien zurück und sehnte sich fort. Zehn Jahre hatte er einzig
seiner Selbstbildung gelebt. Nun, wo auch die Vergrößerung der Familie eine
Verbesserung seiner Finanzen wünschenswert machte, wollte er gern in einer
festen Berufstätigkeit dem Staat dienen. Sein Wunsch fand bald die voll-
kommenste Erfüllung. Es ward ihm eine Stelle angeboten, die wie keine zweite
in der Welt seinen Talenten und Neigungen entsprach, die er auf das beste
auszufüllen vermochte, die ihm nicht allein Muße zur Fortsetzung seiner Selbst-
bildung gab, sondern noch ein Mittel zur Vollendung seines Wesens werden
mußte.
Er wurde preußischer Gesandter am päpstlichen Stuhl und machte sich
im Herbst 1802 mit seiner Frau und fünf Kindern — die jüngste Tochter,
Gabriele, war im Mai geboren — auf den Weg nach Rom. Die teuren
Freunde, die er in der Heimat zurückließ, hatte er zuvor noch aufgesucht.
In Halle Wolf, in Weimar Goethe und Schiller, den er hier zum letztenmal
sehen sollte. Dann ging es dem Ziel seiner langgehegten Sehnsucht entgegen.
Am Abend des 25. November fuhr er mit den Seinen in Rom ein.
Die Ankunft in der Villa di Malta, wo Humboldts zunächst Wohnung
nahmen, bis sie die ihres Vorgängers Uhden im Palazzo Tomati, Via Gre-
goriana, beziehen konnten, beschreibt uns die dänische Schriftstellerin Friederike

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