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[   Band 1 Brief 33:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Sonnabend, 20. März 1790   ]


Seele kommen, wenn Du mich so glücklich, so überschwenglich reich
an dem süßen Vermögen zu geben und zu empfangen vor Dir
leben sehen wirst. Ach, was ist das Dasein des Weibes, wenn es
nicht die Freude eines edlen Mannes ist? —— Wir haben keine
Existenz wie diese, und es ist die schönste, die uns die Natur geben
konnte. Einem geliebten Wesen eigen, alle Wonne, alle Ruhe
des Lebens liegt in diesem Gedanken! —— O ich will still diese Zu-
kunft erwarten, hoffen, daß nichts so schön in unsrer Seele blüht,
das uns nicht gegeben werden könnte von der Freundeshand, die
ich schon oft über mir fühlte. Trage Du auch diese süße Hoffnung
fest und unwandelbar im Herzen, mein trauter Wilhelm. Gewiß,
wir werden sie noch brechen, diese höchste Blüte des Lebens, un-
endlich glücklich sein durch uns und den erweiterten Kreis von
Glückseligkeit, den die unsre unvermerkt und wohltätig um uns
bilden wird.
Dein Plan gefällt mir sehr. Ich werde ihn beim Papa ein-
zuleiten suchen. Mit meinem Bruder hab ich heut abend eine lange
Unterredung gehabt, in der ich ihn ganz auf meine Seite gebracht,
so daß er von selbst sagte, er würde sich der Sache annehmen,
wenn sie beim Papa zur Sprache käme. Vier Jahre, meinte er,
wäre zu toll, zwei sei das äußerste. Papa müsse das auch be-
greifen, und wenn nach zwei Jahren keine besseren Aussichten wären
wie jetzt, so sähe er nicht ein, warum man gerade die zwei Jahre
abwarten müsse. Mein Bruder hat recht. Meine Seele, was
könnte ich in Deiner Nähe wohl noch vermissen? Reichtum war
mir immer eine sehr relative Idee. Die Bedürfnisse der Phantasie
müssen irgendwo begrenzt sein. Mein Vater denkt selbst nicht un-
vernünftig über diesen Punkt, und für mich kann er nichts fürchten,
denn er weiß, daß ich nicht ungenügsam bin. Einen Regierungs-
ratstitel oder so etwas dergleichen möchte er wohl verlangen, doch
das wäre vielleicht zu machen. Den Moment, wo man dem Papa

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