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[   Band 1 Brief 1:    Caroline an Humboldt     Burgörner, 28. Julius früh 1788   ]


hat den Deinigen gekannt und wird sich freuen, Dich zu sehen. Die
Feuermaschine*) kann zum Vorwand dienen. Carl mag etwas aus-
denken, worüber er Dir zwei Zeilen für mich in Göttingen läßt,
ein zeigbares Empfehlungsschreiben oder sonst so etwas. Du schickst
es, wenn Du kommst, und den andern Morgen, wenn es schon
Abend ist, findest Du mich in der Laube, sonst gehe ich gleich hin,
denn ich muß Dich zuerst allein sehen. Ich ertrüge nicht im Bei-
sein anderer die Erschütterung des ersten Moments, ohne mich zu
verraten. Lebe wohl, mein Freund, mein Bruder, mein teurer
Wilhelm, lebe wohl und gib meiner Bitte Gehör.

Auf der andern Hälfte des Blattes an Carl v. Laroche:

Das Wetter, mein innigstgeliebter Carl, raubt uns die letzten
Augenblicke. Ich konnte nicht ausgehen, ohne Verdacht zu erregen,
und so tue ich darauf Verzicht. Glaube, es ist ein schweres Opfer.
Hier sind ein paar Zeilen für Wilhelm. Gib sie ihm und unter-
richte ihn in allem und bitte, bitte ihn, daß er kommt. Ich werde in
meiner Einsamkeit (denn ich bin ja immer allein, auch mitten unter
den Menschen) die Stunden zählen. Lebe wohl, Seele, der meinigen
so teuer. Schreib mir auf Deiner Reise ein paar zeigbare Briefe, da-
mit ich weiß, wo Du bist und ob Du wohl bist, aber keine andern.
In Auleben sehe ich Dich. Ich will nichts denken als das:
nur ruhig zu bleiben.
Denke des Morgens meiner. Ich sitze dann in der heiligen
Laube oder auf der umschatteten Bank. Lebe wohl, tausendmal
wohl und reise glücklich. Ewig, ewig Dein.

—— 
*) In der Umgegend Burgörners wurde seit alter Zeit Bergbau auf
Kupfer und Silber betrieben und am 23. August 1785 im benachbarten
Hettstädt die erste Dampfmaschine in Deutschland aufgestellt.

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